O. U, den 18. Aug. 1941

Lieber Vater

Ich danke Dir für Deinen Brief. Nun weiß ich wenigstens, daß Marlies und Margarete aus Hannover fort sind u. sich in Hahnenklee-Bockswiese befinden. Von Marieluise habe ich noch keinerlei Nachricht. Es kommt wohl daher, daß wir bald diesem, bald jenem A.K. angehören. Wo etwas los ist, werden wir eingesetzt. Wir haben dadurch allerhand mitgemacht u. erlebt. Es hat schon viele E. K. II gegeben. Unsere kleinen Geschütze konnten am ersten Tag gleich 3 Panzer von 26 ts, 2 von 52 ts u. 1 von 62 ts erledigen. Für unsere 3,7 cm Kanone eine sehr gute Leistung; denn die Panzer sind wahre Ungetüme u. schwer gepanzert. Gestern haben wir den ersten weiblichen Soldaten gefangen genommen. Eine deutschsprechende Studentin aus Leningrad. Sie war zum Militärdienst gepreßt u. hat vorwiegend deutsche Gefangene verhört. Allmählich wirken unsere Flugblätter u. an verschiedenen Stellen beginnen die Rußen überzulaufen, nachdem sie zuvor ihre Kommissare mit Knüppeln totgeschlagen haben. Eine Kugel seien sie nicht wert, meinte gestern abend ein Gefangener, der etwas der deutschen Sprache mächtig war. Erst waren es 3, in der Nacht hat er weitere 14 Rußen aus dem Busch geholt. Sie sitzen hier u. musizieren u. essen einen fabelhaften Biskuit. Viele haben sich aber auch schon tagsüber nur von Beeren ernährt. Als sie grüne Gurken sahen, fielen sie wie Wilde darüber her. Wo die Rußen Zeit hatten, sind sämtliche Dörfer und Gehöfte zerstört. Die nächsten Tage machen wir einen Durchbruch zwecks Eroberung einer Verbindungsbahn der beiden wichtigsten Städte, um dann an der Einkesselung der einen Stadt teilzunehmen. Dies ist so die Lage. – Mir geht es sehr gut. Im Augenblick liege ich im Straßengraben und warte auf weiteres Vorrücken. Man muß jede Gelegenheit benutzen, um zu schreiben. Ich hoffe, daß es Euch auch weiterhin gut geht u. danke Dir, daß Du Marieluise so gut unterstützen willst. Es grüßt Dich u. Grete herzlich
Dein Adolf