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Brief (Transkript)

Walter Buhrkamp an seine Schwester am 20.11.1939 (3.2002.7333)

 

Schawe, 20.11.39.



Meine liebe Schwester Mimi!

Habe heute am 20.11. Dein Päckchen erhalten, wofür ich aufrichtig danke. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich darüber freue. Du fragst in Deinem Brief ob ich hier so wenig Seife bekomme. Ich muß darauf antworten das wir überhaupt keine bekommen. Erstens bekommen wir Soldaten keine Seife in der Stadt gekauft, und zweitens kriegen wir keine von unserer Truppe geliefert. Nebenbei sei bemerkt das ich nicht meht auf der Halbinsel Hela liege, sondern wieder in Schlawe. Wir sind vor einer Woche von dort oben hierher befördert worden. Hier ist es doch nicht ganz so kalt wie auf Hela, wo der Wind von der Ostsee einem anständig um die Ohren pfeift. Wir liegen wieder in unserem alten Quartier wo wir bei Kriegsausbruch lagen, und warten täglich auf unsere Entlassung. Wann wir aber entlassen werden ist immer noch unbekannt. Wir wollen hoffen das es recht bald geschieht. Du schreibst mir das Du in Berlin auch alles auf Bezugsscheine kaufen mußt. Hier ist es ja genauso. Nur dachte ich, das man in Berlin doch auch eher etwas bekommt. Das Du alles mühsam zusammengekriegt hast glaube ich Dir, und das Du trotzdem es mir schicken konntest erhöht mir meine Freude. Ferner teilst Du mir mit, das in Berlin alles verdunkelt ist und das das in Berlin sehr unangenehm wirkt. Kann ich mir durchaus vorstellen. Aber das ist nun einmal nicht zu vermeiden. Wir befinden uns letzten Endes im Krieg und müssen auf so manches verzichten. Die Hauptsache ist das Du immer noch gesund bist. Ich kann das gleiche von mir sagen. Erst jetzt kann ich so richtig erkennen wie gut es ist, das man ein bischen Sport getrieben hat. Ich bin durch mein Langstreckenlaufen wirklich zähe und ausdauernd geworden. Ich merkte es so richtig während des Feldzuges nach langen Tagesmärschen. Ich habe nicht einmal schlimme Füße gehabt oder mich sonst irgendwie krank gefühlt, während viele andere in die Heilstube wandern mußten. Auch jetzt fühle ich mich vollkommen gesund. Ferner fragst Du ob ich dabei gewesen bin als die polnische Kriegskasse gefunden wurde. Da ich in Heister[...] lag (auf polnisch Jastowica [?]) und die Kriegskasse aber in Hela gefunden wurde, konnte ich diesem Schauspiel nicht beiwohnen.
Weiter zu dem Münchener Attentat. Wir können hier nur Gott danken, das unser geliebter Führer hier mit dem Leben davonkam. Die Folgen wären unglaublich gewesen wenn unser Führer diesem ruchlosen Attentat zum Opfer gefallen wäre. Wir aber stehen fester denn je hinter unserem Führer. Das Ihr Euch in der Heimat den Frieden wünscht ist zu verstehen. Aber man muß doch einmal diesen blöden politischen Spannungen ein Ende bereiten. Ich will damit sagen, daß wir endlich einmal einen wirklichen Frieden unseren jetzt noch feindliche gesinnten Mächten abfordern, indem wir ihnen, vor allen Dingen dem britischen Imperium, unsere ganze Kraft und Größe vor Augen führen und sie mit der Schlagkraft unserer jungen Luftwaffe und Kriegsmarine bekämpfen, und zwar so bekämpfen, daß dieser Friede dann von keiner Macht Europas mehr gefährdet werden kann.
Mit meinem Freund Erich Seelow bin ich nicht mehr zusammen. Er bekam in Schlawe seinen Gestellungsbefehl zu den Luftnachrichten und ist am Sonnabend nach Berlin gefahren um sich seinem Truppenteil zu stellen. Du kannst Dir vielleicht vorstellen, daß uns der Abschied sehr schwer fiel. Wir haben während der ganzen Zeit in Abteilung in Karzen und während des ganzen Feldzuges Freud und Leid geteilt und haben uns einfach fabelhaft verstanden. Als er nun so plötzlich fortmußte, kannst Du Dir vielleicht vorstellen das wir uns nur schweren Herzens trennen konnten. Einmal hätten wir uns sowieso trennen müssen, aber dies kam für uns beide doch zu plötzlich. Ich habe mich jetzt so einigermaßen wieder gesammelt. Aber auch jetzt nur einen Wunsch, so schnell wie möglich entlassen zu werden und hier ein paar Tage richtig auszuruhen. Du machst mir das Angebot für ein paar Tage zu Dir nach Berlin zu kommen, ich nehme das Angebot natürlich freudig an. Sollten wir in de nächsten Zeit entlassen werden, so werde ich ein paar Tage nach Berlin fahren, um dann gerne für ein paar Tage Dein Heim aufzusuchen. Es ist bereitz wieder 1/2 10 Uhr und gleich Zapfenstreich. In der Hoffnung bald zu Hause und auch bald bei Dir zu sein werde ich schließen.
Sei herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Bruder
Walter

 

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