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Brief (Transkript)

Johannes Hamm an seine Ehefrau am 18.02.1942 (3.2002.7184)

 

R.St. 18.II.42


Nr.42
Liebe Käthe

Ich erhielt Deine Post Nr. 34, 41 und 43. Es fehlen noch 33-35, 37, 38, 40 und 42. Du hast Pech mit Deinen Päckchen. Ich kann nicht viel berichten. Ich sollte inzwischen in eine neue Feuerstellung, wurde aber bereits nach einer Nacht wieder zurückgeholt, um für unsern scheidenden Regiments Kommandeur den Marschweg des Regiments von der Grenze bis Rostow mit allen Gefechten auf ein Rauchtischtablett zu malen. Ich hatte dies als Geschenk vorgeschlagen. Es wurde so schön, daß es mir schwer fiel, mich davon zu trennen. Er stellt eine neue Einheit auf und ist inzwischen abgedampft nach Celle. Eine Karte an Dich und meine Mutter nahm er mit. Jetzt zum Schluß war er sehr nett zu mir und versprach wieder allerlei, was Du Dir denken kannst. Na warten wir ab.
Vom OKH erhielt ich aus dem Hauptquartier persönlich durch Kurier ein Anerkennungsschreiben für meinen ersten Einsatzbericht. Ich soll weitere Berichte schicken. Meine Gedichte sind ebenfalls dorthin gegangen. Ich bekomme sogar Honorar. Die Nebeltruppe ist mir dankbar, daß ich Propaganda für sie mache. Bisher fehlte ihr ein PK-Mann. Meine Vorgesetzten waren über das Schreiben und darüber, daß ich aufgefordert wurde künftig direkt an OKH zu schreiben sehr überrascht. Ich war es weniger, denn bisher haben meine literarischen Ergüsse überall Anschlag gefunden.
Nun sitze ich schon 1 Monat hinten. Es gefällt mir insofern nicht, als das Leben höchst eintönig ist, ich infolge Mangels an Motiven und manchmal auch wegen der Kälte nicht malen kann. Man „beschäftigt“ uns mit Arbeiten. Seit 2 Tagen schreiben wir Offiziere „Klausuren“ über Schießaufgaben bei denen man mit Logarithmen, Sinussatz und Winkelfunktionrechnen muß. Sehr knifflig. Mir macht’s keinen Spaß. Ich soll aber bald wieder nach vorn um weitere Erlebnisberichte zu liefern und um zu malen. So werde ich nebenbei PK-Mann. Das wäre für mich jetzt der richtige Platz, aber wie soll man dahin kommen. Versucht habe ich es schon. Beim Kriegsgericht ist es dann natürlich mit alledem vorbei. Kriegsgericht hat auch seine Schattenseiten. Hier baumeln 7 Partisanen am Galgen. Als man sie hing, riß bei allen der Strick. Jetzt pendeln sie steif und blau im Wind hin und her. Solche Exekutionen sind nichts für mich. Drum herum handeln die Ruskis eifrig mit Sohlenleder und Sonnenblumenkernen. Das Volk hier ist gegen so etwas abgestumpft. Daher müssen wohl Exempel recht aufdringlich statuiert werden.
Gestern legten wir seit 3 Monaten den ersten Gefallenen wieder ins Grab. Diesmal rollten 3 Salven über den kleinen Friedhof oben an der Kapelle am Meer und wir sangen das Lied vom guten Kameraden. Das war eine schönere Feier als die langweiligen Ceremonien auf den Civilfriedhöfen. Trotzdem war’s unsagbar traurig für uns alle. Es war einer der Jüngsten, der Kamerad Hiemisch. Er war in stockdunkler Nacht, als er vom Posten in die Feuerstellung zurückkehrte von einem Kameraden angeschossen, weil er die Losung zu undeutlich gab. Die Batterie wird vom Unglück verfolgt.
Ich bin sehr betrübt, daß nun schon wieder Differenzen in der Familie da sind. Ich muß jetzt wissen was los ist, sonst schreibe ich meiner Mutter so. Das zu Hause sind doch Lappalien gegenüber dem, was wir hier durchmachen. Das braucht doch nicht zu sein. Es macht mich ganz krank, wenn ich daran denke, daß ich mich bemühte alles zum besten zu ordnen und daß das nur so kurze Dauer hatte.
Herzliche Grüße und Küsse
Dein Hans

Wir heißen jetzt nur noch Werferlehrregiment 1
(Also nicht mehr „Nebel“)

 

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