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Brief (Transkript)

Johannes Hamm an seine Ehefrau am 19.08.1941 (3.2002.7184)

 

Celle 19. VIII.41



Meine liebe Käthe!

Nun warst Du ja doch fleißig und schriebst am 13., 15., und 17. VIII. Auch das Päckchen erhielt ich und schickte darauf gestern ein Päckchen schmutzige Wäsche um Platz im Koffer zu schaffen. Also am Sonnabend eile ich zu Dir und bin 1625 Charlottenburg, wenn ich den Zug noch erwische, was sehr wahrscheinlich ist. Du sorgst gewiß dafür, daß wir nicht zu spät zu Abend essen, damit uns ein etwaiger Fliegeralarm nicht allzusehr stöhrt. Wollen wir ins Kino und dann heim oder gleich ins Heimkino? Wenn Du das erstere willst, besorge Karten im zwoten Falle besorge ich die „nötigen Zutaten“. Falls Du richtigen Sekt erwischen kannst, also „Henkel Trocken“ oder Matheus [?] Müller Blausiegel, oder „Kupferberg Gold“, kaufe 1 Flasche, nur nicht wieder Schaumwein mit Preßkorken, Preis 4.- RM oder 4.50. Ich freue mich schon sehr und hoffe Dich frisch und munter vorzufinden.
Am Sonntag habe ich fleißig an Hänschens Bild gezeichnet, wie ich wohl schon schrieb. Du hast mir sehr gefehlt und ich wundere mich nur, daß es in der früheren Zeit 1939 und 1940 nicht so der Fall war. Du bist aber auch ganz anders geworden. Manchmal kommt es mir so vor, als ob Du vorher immer noch ein kleines Mädchen, so eine Art Backfisch warst. Ich hoffe Du nimmst es nicht übel als Mutter von 2 süßen Göhren. Du wirst aber wohl selbst gemerkt haben welche Veränderung mit Dir vorging oder sollte ich mich geändert haben?
Der Kursus geht mit Macht zu Ende. Jetzt zum Schluß kommt das Beste, die neue Waffe, mit der unter den Russen so aufgeräumt wurde. Man munkelt, daß wir bald nach Munster kommen zur infanteristischen Ausbildung auf 14 Tage. Schön wär`s, denn dann bin ich Dir wieder etwas näher als in Bremen. Munster selbst ist ein ödes Barackenlager.
Ob es mit dem Kommen zu Deinem Geburtstag klappt ist noch fraglich. Voraussichtlich nur „schwarz“. All die vielen Latrinenparolen über unsere weitere militärische Zukunft will ich Dir nicht schreiben, denn meistens ist es Schwindel. Mache Dir doch jetzt keine Sorgen. Es sind auch hier unzählige Aktive, Fahnenjunker, O.A. frischgebackene Leutnants, die noch nicht draußen waren und daher den Vorzug haben. Ich habe Dir ja gesagt, daß ich mich nicht mehr freiwillig raus melde oder vordränge. Seitdem ich nicht mehr Schütze bin, ist jeder militärische Ehrgeiz tot. Auch weiß ich, was ich Euch, d.h. Dir und den Kindern schuldig bin. Schickt man mich wider Erwarten raus, werde ich dann wieder nicht nur meine Pflicht tun, sondern mein tapferstes leisten trotz allen Enttäuschungen, aber vordrängen tue ich mich nicht mehr. Also mache Dir keine Sorgen. Ich nehme Dir Deine Einstellung auch nicht übel, denn ich habe ja gesehen, daß Du auch sehr tapfer sein kannst, wenn es scheiden heißt. Ich denke da an Polen, erstes Abrücken nach dem Westen, Abschied in Ems und die vielen vielen ungewissen Abschiede dazwischen. Im Grunde glaubst Du ja wohl auch selbst nicht mehr daran, daß ich noch mal rauskomme. Mir selbst würde es vielleicht ganz gut tun, denn ich verweichliche hier sehr, aber das sind keine Gesichtspunkte. Ruhm und Ehre zu erwerben überlasse ich mit gutem Gewissen denen, die sich beruflich dazu in erster Linie berufen fühlen. Mir genügt es so eine große Zahl Gegner getötet und gefangen genommen zu haben, daß der Krieg schon nach 1 Tag zu Ende gewesen wäre, wenn es jedem an der Front so gelungen wäre. Manchmal wird es zwar schwer, denken zu müssen, daß das Fronterlebnis für immer hinter mir liegt, aber der Gedanke an Dich, die Kinder und die Hoffnung auf eine bessere glückliche und frohe Zukunft lassen die Traurigkeit bald abklingen.
Auf ein frohes Wiedersehen,
Dein Hans

 

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