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Brief (Transkript)

Helmut Nick am 27.6.1941 (3.2002.0274)

 

27.6.1941



Mein liebes Mädel!

Hab wieder Gelegenheit, Dir zu schreiben. Befinden wie immer gut. Wann Du den Brief bekommen wirst, weiß ich allerdings nicht.
In der Zwischenzeit hab ich auch Deine beiden Briefe vom 15/6 u. 17/6. Das Päckchen ist auch gekommen, für alles herzl. Dank. Zitronen wären schon gut hier, bei der Hitze. Hat aber keinen Zweck zu schicken, da das Wasser hier nur in gekochtem Zustand getrunken werden kann.
Hoffentlich erfüllt sich die Drohung des Tommy nicht und hoffentlich passiert Euch nichts. Über den mutlosen Brief wollen wir uns nicht weiter brieflich auseinandersetzen. Wenn ich darüber etwas nach Langenberg schreibe, dann nur in der Form, daß ich erfahren wollte, ob es Dir nicht gut ging und Du mir das nicht schriebst. Werd aber auch das nicht mehr tun. Erledigt, nicht wahr. Natürlich nur unter der Voraussetzung, daß Du mir weiterschreibst wie Dir zu Mute ist, sonst weiß ich ja wieder nichts.
Dein Geburtstag wird bei Empfang des Briefes schon vorüber sein. Hoffentlich hast Du ihn einigermaßen schön verlebt. Hat Peterchen seiner Mami gratuliert? Hast Du Dir ein paar schöne Sachen gekauft? Ich konnte ja leider nichts schicken.
Bei uns selbst gehts ordentlich voran. Wenn demnächst genauere Berichte im Radio kommen, werdet Ihr Euch wundern, was in den wenigen Tagen „planmäßig“ erreicht wurde. Zum großen Teil waren die Polacken froh, daß wir kamen. Die als reich geltenden Bauern wurden erschossen, das Land aufgeteilt. Alle mussten den größten Teil der Ernte und Viehschlachtungen an den Staat liefern. Bei Landverkauf gabs ungefähr den 8. Teil dessen, was für Landverkauf gezahlt werden müßte. Wenn jemand sich sauber hielt, galt er als reich geworden und mußte die Hälfte dessen, was ihm der Staat überlassen hatte wieder abgeben. Obs stimmt, weiß ich nicht, erzählt habens die früheren Polen. Bei Ankunft bewarfen in verschiedenen Dörfern Weiber die Soldaten mit Blumen (ich glaube sogar, daß es Jüdinnen waren. Hätten dann besser Knoblauch genommen).
Demnächst Fortsetzung des Frontberichtes. Euch allen herzliche Grüße und Dir liebe Küße, liebes Mädel, von
Deinem Helmut

 

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