Brief (Transkript)
Hans Simon an seinen Vater am 08.03.1944 (3.2002.1288)
8.III.44
Mein lieber Pappi!
Eigentlich hast Du gestern schon einen kurzen Gruß bekommen. Aber weil heute etwas Zeit habe, will ich Dir heute für den lieben Brief danken, ich den ich heute bekam. Hab' mich sehr dazu gefreut. Weißt Du, wenn Mutti einmal zur Erholung weg ist, dann komme ich in Bezug auf Post von Dir immer sehr gut weg (Oh, ich kann das Lästern nicht lassen). Hab aber vielen Dank, ich freue mich immer sehr dazu. Und Du sollst nun evtl. auch noch Soldat werden! Na, wollen abwarten. Man bildet heute ja schon Mädel an der Flak aus als Flakhelferin. Ja, Menschen fehlen uns. Aber wir werden es schon schaffen. Haben im Westen schon ausländische Reserven.
Für das Briefpapier habe meinen herzlichsten Dank. Nun bin ich bestimmt für einige Zeit damit versehen. Ich habe nun alles. Nur wenn Du vielleicht an ein Verwundetenabzeichen in Schwarz kommst, und dann mir die Adresse von einem großen Ordensgeschäft verschreiben kannst, wo ich vielleicht durch Schreiben von hier aus die Aussicht habe, einen Cholmschild zu bekommen.
Daß der Heinig gefallen ist, wußte ich nicht. Der war übrigens in unserem Rgt. Aber bei den Ausfällen freut man sich zu jedem bekannten Gesicht, das man trifft. Der Krieg reißt immer größere Lücken. Las heute in der Zeitung, daß in Kloster Malchow ein Vater mit seinem Kind ertrunken ist. Wer war das? Habt Ihr schon bei Gelegenheit etwas von dem Loui(?) gehört? Er war ein feiner Kerl, einer, wie man ihn ganz selten findet. Aber, wie ich von dem Neffen von Frau Fischer hörte, der dabei war, als er verwundet wurde, hat er es vorher gewußt. Und das geht uns "alten Säcken" fast allen so. Z.B. bin ich heute morgen um 4 aufgestanden. Ich habe sonst im Augenblick die Gelegenheit auszuschlafen. Und kaum war ich angezogen, als der Rummel schon losging. Und es ging bei uns gut. Haben den Russen wieder aus der Stellung getrieben und kaum Verluste gehabt. Aber Iwan hat anständig Federn lassen müssen. Alles junge Kerlchen, teils 15-16 Jahre, stur wie die Panzer. Wie Roboter, hören nicht auf Ruf noch sonst was. Laufen weiter stur. Man muß sie "umlegen".
Weißt Du, worauf ich mich besonders freue? Dein Schriftbild im letzten Brief ist so, daß ich annehemn kann, daß es Dir ein bisseI besser geht. Die Briefe vorher machten mir große Sorge um Dich. Ich habe früher nie geglaubt, daß man aus der Schrift soviel sehen kann. Aber ich glaube, daß ich Recht habe, ja?
Uns geht es im Augenblick oft so, wie dem Reiter über dem Bodensee. Man muß nur zuversichtlich sein und an seine Sache glauben. (ortes fortuna invat!!) Hoffentlich lassen nun die Einflüge nach. Bin gespannt, ob sich nun tatsächlich so etwas wie eine Invasion tut. Ob sie kommen? Ich glaube es schon bald nicht mehr.
Es ist übrigens erstaunlich, in welcher Menge wir neue Waffen herausgebracht haben. Habe manchmal selbst Bauklötze gestaunt. Ist aber herrlich, wenn man zu seinen Waffen Zuvertrauen haben kann. Der Vetter von Siegfried Oblt. (Deutsches Kreuz) ist gefallen. War Bauer aus Mühlen.? Ein feiner gerader Kerl. So geht einer nach dem anderen. Wir wollen aber die Tage, die uns Gott schenkt nutzen und uns an allen schönen Dingen freuen und auch anderen von dieser Freude geben.
Gruß an alle daheim.
Dir nun einen frohen Gruß
Dein Hans.
Ansicht des Briefes
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