Brief (Transkript)
Hans Simon an seine Schwester am 12.07.1942 (3.2002.1288)
12.VII.42
Liebe Tutti!
Nun habe ich Dir lange nicht schreiben können. Wie geht es Dir eigentlich? Mir geht eben durch den Kopf, daß wir zur Silberhochzeit ja ein Geschenk besorgen wollen, wofür ich 150 - 200 M zur Verfügung stelle. Eventuell mußt Du nach Berlin fahren und sehen, was Du dort bekommst. Findest Du es nicht am Schönsten, wenn wir 4 zusammen etwas schenken. Etwas von bleibender Erinnerung? Etwas apartes und doch etwas, woran man täglich seine Freude hat? Ich kann von hier aus schlecht auf etwas kommen. Du hast ja so eine Gabe dafür nett zu schenken. Wir müssen es schon bald besorgen. Wenn es mehr kostet, schreibe es. Ich habe ja vorläufig Geld genug. Sprich noch mit Costing darüber. Macht Ihr Euch keine Ausgaben eben, wo ich doch Geld genug habe.
Ich hoffe, daß wir Mitte August abgelöst werden. Zur Offensive treten wir nicht mehr mit an. In den nächsten Tagen bekomme auch ich die Medaille für den Winterfeldzug mit dem Band dazu, das unter dem E.K. Band getragen wird. Wir nennen es den Kommunistenorden. Es hat dieselbe Farbzusammenstellung wie das E.K. Zwar in der Mitte ein dünner schwarzer Streifen, dünner als das schwarze vom E.K., dann daneben zwei ebenso dünne weiße Streifen und das andere blutrot. Sieht prima aus. Auch rechne ich damit, daß ich das Infantrie-Sturmabzeichen in den nächsten Tagen bekomme, wenn unser Kompanieführer zurückkommt. Und dann soll es noch den Cholm-Schild geben, über den aber noch nichts Genaues heraus ist. Außerdem hoffe ich dann auch schon Korporal zu sein. Das sind so meine Überraschungen, wenn ich wirklich auf Urlaub kommen sollte. Rechne ja fest mit Studienurlaub in diesem Winter. Wahrscheinlich gehe ich dies mal nach Berlin, um mit meinem Freund Heinz Theater etc. auszunutzen, der wohl über Winter in Döbrich auf Kursus sein wird. Hoffentlich kommt das alles aus. Hier ist es sonst ruhig. Es pfeift einem oft ein wenig zu dicht an die Ohren, man muß dann eben Glück haben. Eben habe ich wohl eine sehr schöne Zeit, wo ich mit Heinz zusammen in einem Bunker liege. So können wir ungestört über alles sprechen. Vielleicht wirst Du ihn ja in diesem Winter auch kennen lernen. Nun kommt mein Wunschzettel. Ich glaub, daß Mutti und Pappi zurück sind und da kann ich ja anfangen, da ich Dich nicht belasten, und Mutti und Pappi auch nicht damit belästigen wollte. 1. Zigaretten, eine kleine Pfeife, Briefpapier, Farbstifte, 2 Oktavhefte, 1 Skatspiel, und wenn es geht, ein bzw. zwei kleine Patiencen, um dann Patience legen zu können. Bißchen Lesefutter. Könnt Ihr wieder Paustians lustige Sprachzeitung bestellen? Von Pappi bitte ich Literatur die zum Thema: Kann ein Christ auch ein 100% Nationalsozialist sein, Stellung nimmt. Und wie gesagt, meine Wäsche und Strümpfe und 1 Radiergummi. Für heute nun alles Gute. Grüße bitte Winfried und die Eltern, wenn sie schon zu Haus sein sollten recht herzlich.
Gruß und Kuß
Dein Hansi
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