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Brief (Transkript)

Hans Simon an seine Mutter am 08.09.1941 (3.2002.1288)

 

8. Sept. 41



Liebes Muttichen!

Hab vielen Dank für Deinen Brief und die Karte vom Plauer See. 22 Tage habt Ihr nun schon keine Post. Ich habe es auch schon befürchtet, daß Ihr Euch Sorgen macht. Es war damals Anfang August, und dann war das Briefpapier knapp. Lange saß ich ohne da, weil mein Schreibzeug in einem Wagen war, der weit weg eingesetzt war, und ich nicht daran kommen konnte. Und jetzt ist wieder eine Pause eingetreten, Verpflegung und Post rollen auf der sog. Rollbahn, während wir seitlich davon die Wälder durchkämmen. Nun sind die Wege' in den Ausläufern der Waldei Höhen so, daß ich sie nicht beschreiben kann. Meter um Meter muß man sich oft durch Dreck und Lachen kämpfen. Es hat in den letzten Tagen sehr geregnet und dann hält sich die Feuchtigkeit in den Wäldern sehr. Von morgens früh bis zum späten Abend, oft in die dunkle Nacht hinein mußten wir Wegebau machen und die Fahrzeuge durch den knöcheltiefen Schlamm quälen. 6 Tage kam keine Verpflegung ran. Wir mußten uns etwas schlachten (aber ist was zu finden!). Nun haben wir Essen im Überfluß und --- alle den Magen verdorben. Ich wundere mich nur, daß ich mir nicht mehr weggeholt habe. Tagelang nasse Stiefel und Klamotten, und dann die kalten Nächte. Es ist aber alles gut gegangen, und das ist die Hauptsache. Hier rollen neben uns Panzer und Panzer und es geht weiter. Endlich, endlich!
Es war ein Kampf mit dem russischen Magen, den ich so leicht nicht vergessen werde. Jetzt sind wir vor Waldai und Cholm und haben hoffentlich in 8 Tagen die Bahnlinie Petersburg-Moskau erreicht. Und dann hoffe ich, daß für uns der Feldzug hier beendet ist. Hoffentlich müssen wir den Winter über nicht hier bleiben. Es kann jetzt nachts schon empfindlich kalt werden. Die Russen befinden sich hier vor uns in der Auflösung. Kanonen und Panzerwagen lassen sie stehen, viele werden als Gefangene umgebracht. Nun habe ich noch ein paar Wünsche. Bei dem Schieben ist mir mein Piping kaputtgegangen. Ich habe sie mit Isolierband geflickt. Könnt Ihr mir eine neue schicken, mit möglichst großem Kopf. Dann brauche ich dringend Rasierklingen, und könnt Ihr mir Feuersteine besorgen? Und dann Lesestoff. Heute lacht die Sonne. Es ist seit langem das erste Mal. Hoffentlich wird das Wetter bald besser. Hoffentlich ist Zanner nicht schwer verwundet. Wenn die Zeit langt, will ich ihm mal schreiben. Eben ist es sehr knapp damit bestellt. Nun liebes Muttichen, alles Gute. Ich lasse Pappi für Briefpapier und Zigaretten danken. Herzlichst
Dein Hansi

 

 



Ansicht des Briefes

 

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