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Brief (Transkript)

Erika Kappmeier an ihren Mann am 02.03.1945 (3.2002.1246)

 

Teltow, den 2. März 1945



Mein inniggeliebter, guter Mann!

Heute habe ich schon eine richtige Geburtstagsbescherung gehabt. Es kamen Deine Briefe Nr. 14, 16, 19, die Schneekarte Nr. 20 und auch Deine Geburtstagskarten für Bernd und mich. Ausserdem schrieb Tante Mathilde. Sie hat zwar Einquartierung aber die dortige Behörde sagt, dass Verwandte vorgingen. Ich soll nun gleich schreiben, ob ich nach Gronau komme. Ich bekäme unten Tante Mathildes Küche und ihr früheres Wohnzimmer zum Schlafen. Das finde ich ganz fabelhaft. Aber, lieber Vati, meinst Du nicht auch, dass ich erst dann von hier fortgehe, wenn der Räumungsbefehl kommt? Erstens möchte ich die Frau in Gronau nicht unnötig ausquartieren lassen. Zweitens möchte ich in unserem Heim bleiben, um es uns zu erhalten, so lange es irgend geht und ich verantworten kann. Die Alarmgefahr ist hier wie dort. Bleibe ich zu lange hier, kann ich in die Hände der Sowjets fallen. Andererseits bin ich durch die blosse Flucht ja noch nicht gerettet. Wieviel Züge auf der Strecke sind schon beschossen worden. Das Gefahrenmoment bleibt also durchaus bestehen. Solltst Du allerdings von hier keine Nachricht mehr erhalten, so forsche immer zuerst in Gronau nach. Dahin will ich mich nun endgültig wenden, schon weil es jenseits der Elbe liegt. Es kommt mir vor einem Sowjeteinfall dann doch noch sicherer vor als Perleberg. Ausserdem hat Rotraut auch schon Flüchtlinge aufnehmen müssen. Für Deine liebe Karte zu meinem Geburtstag danke ich Dir recht sehr. Morgen steige ich im Luftschutzkeller auf den gelben Schrank und beschere mir die restlichen Bücher. – Da Du nun wieder einen neuen Standort hast, nehme ich an, dass Ihr schon mehr in die südliche Gegend gerückt seid, die jetzt oft im Wehrmachtsbericht genannt wird. Ach, mögest Du nur durch all den Dreck immer heil durchkommen! Hoffentlich bekommst Du auch dort Post von uns. Hast Du die Bilder schon von uns? Deine Päckchen sind noch nicht eingetroffen. Die Feldpostpäckchenmarken sind ja prima. Bisher wurde mir gesagt, dass einzig und allein 20gr Sendungen jeglicher Art, auch nicht mit Päckchenmarke schwerere befördert würden. Ich will mich noch mal erneut erkundigen. Die Illus hat seit 14 Tagen ihr Erscheinen eingestellt. Der Dt. Verlag ist schwer bombardiert. Bitte schicke Du uns vorläufig nichts. Da ich auch nicht rauche, kann ich mir durch meine Zigaretten schon ganz gut aus Zwangslagen helfen! – Püppi war sehr beschämt, dass sie Dir nicht geschrieben hat. Hier ist es so. Früh gegen 10 Uhr macht sie Schularbeiten, dann kommt Alarm, oder Bernd und Klaus diese unselbständigen Knaben wollen dauernd mit ihr spielen. Dann wird gegessen und sie geht anschliessend zur Schule. Nach Haus kommt Gisela gegen 5 Uhr. Da warten aber die Jungs schon wieder auf sie. Um 18.30h geht das Licht aus und erst wieder um 20.30h oder bei Alarmgefahr an. Es ist also immer nicht die rechte Ruhe für Gisela zum Schreiben. Jetzt ist es Mittag. Sie lässt Dich sehr grüssen und für die schöne Karte danken. Onkel Paul ist z. Zt. noch in Waren, Rolf noch in Potsdam und Manfred in Werder. Sonntags macht er manchmal Volkssturmdienst. – Lieber Vati, wir werden Dich immer und in jeder „Verkleidung“ erkennen. Deine Stimme und Dein Gang verraten Dich. Du brauchtest ja nur „tatütatü“ zu machen. Dann sind wir alle wie elektrisiert. –
Dass die Pumpe durch Herrn Schäffer schon in Ordnung ist, schrieb ich ja bereits. – Die Schneekarte lässt alle schönen Tage mit Dir wieder in mir auferstehen. Ach, Du mein geliebter Mann, auf all das will ich gern noch lange oder wenn es sein muss immer freudig verzichten, wenn wir uns alle nur gesund und hier in Teltow wiedersehen können. Ob es wohl noch dieses Jahr sein wird? Ich mache mir gar keine Illusionen, habe aber immer noch so stille Hoffnungen. Sonst ist hier nichts zu berichten. Hoffentlich kann ich überhaupt einen Kuchen backen zu morgen. Vorläufig ist kein Strom. Nun, lieber Vati, alles Gute für Dich und von uns allen 1000 liebe Grüsse und viele zärtliche Küsse
Deine Erika, Gisela, Omi, Klaus und Bernd.

 

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