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Brief (Transkript)

Erika Kappmeier an ihren Mann am 22.07.1944 (3.2002.1246)

 

Kerschdorf, den 22.7.44



Mein lieber, guter Mann!

heute kam Dein lieber Brief vom 18.7., den ich sehnsüchtig erwartet habe. Ich bin nur froh, dass Ihr die Lage hier auch noch nicht für so gefährlich haltet. Auf Grund des Wehrmachtsberichtes und der Landkarten macht man sich nämlich ein viel unbefangeneres Bild als wir uns hier, die wir täglich die aufgeregten Vgn. erleben, die mit Sack und Pack bei dieser Hitze und dem wahnsinnigen Gedränge versuchen, mit Gewalt nach Hause zu kommen. Wie ich gestern in Heilsberg war und das miterlebt habe, bin ich doch wirklich wieder sehr unruhig geworden. Hier draussen hört man nun auch das Geschiesse so genau, dass ich mir vielleicht überflüssige Sorgen mache. Aber schliesslich möchte ich doch unsere Kinder vor allem Schrecklichen bewahren. Ich bin nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich noch abwarten will, ob wir mit dem Sammeltransport weggebracht werden müssen oder hierbleiben können. Allein fahre ich unter den augenblicklichen Verhältnissen auf keinen Fall. Natürlich wäre es herrlich, wenn Du, lieber Vati, uns recht bald besuchen würdest. Erkundige Dich bitte doch einmal ganz genau. So viel ich weiss, darfst Du doch zu uns fahren. Es kommen doch so viel Männer her. Sollten wir doch noch fort müssen, schicke ich ein Telegramm: „Neue Anschrift abwarten usw.“ Damit Du Bescheid weisst.
Lilo hat ja nun auch so einen Transport kennengelernt und wird die Nase wohl gestrichen voll haben. Jetzt bin ich gespannt, ob sie dort nun ein Unterkommen findet. –
Ab heute sind nun Ferien bis zum 21.8. vorläufig. Püppis Zeugnis ist prima. Wenn Du kommen darfst, komme doch möglichst in den Ferien. Das ist dann noch viel schöner.
So, lieber Vati, nun gehen wir zu Habichts, grüne Bohnen und Johannisbeeren pflücken. Herr Habicht ist auch fort. Die Frauen hier sind fast alle allein und am Montag geht die Ernte los. Das ist nicht so einfach. Bisher hat man mich noch nicht geholt zum Arbeiten, trotzdem ich ein Karte bekam, dass ich bis zum Herbst 12 Tage gearbeitet haben muss. Ich will mich auch gar nicht drücken, nur fürchte ich, dass ich die Landarbeit nicht schaffen werde, denn ich habe immer wieder Herzbeschwerden. So schlimm, dass mich ein Arzt dadurch krank schreiben würde sind sie nicht, aber sie kommen eben immer wieder.
Liebes Vatilein, es tut mir leid, dass Ihr so wenig Nachtruhe habe. Hauptsache Ihr bleibt gesund und zu Haus ist alles in Ordnung.
Grüsse meine liebe Mutti und Manfred herzlich von uns. Wir alle schicken Dir viele liebe Grüsse und Küsse
Deine Erika und die 3 Kappis

 

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