Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Eltern an Hans Stock am 03.10.1943 (3.2002.1217)

 

3. Okt. (1943)



Lieber Hans,

alle neue Post von hier ist unnummeriert, weil ich meine Nummer in Pr. habe. Es gingen 3 Päckchen zu 100 g. ab mit Keks. Heut ziehen wir nun wieder ab. Ein ganz großer Blödsinn, den ich nicht einsehe. Es kommen auch schon viele nach Hause. Ich käme auch, wenn ich wüsste, wo ich Eva in die Schule schicken könnte. Ihre Schule ist nach Prag gekommen u. aus ihrer Klasse sind schon mehrere zum Kriegsdienst herangezogen. Ich nehme heut Wintersachen mit, denke aber noch nicht daran, den Winter nun wirklich da zu verbringen. Gestern waren wir bei Truschi. Sie erzählte, daß der Freund von Pieters (der Arzt) mit Frau verhaftet sei und mehrere auch noch. Das neue straffe Regime macht sich bemerkbar. Ein jeder muß das bedenken bei allem, was er tut + schreibt. Meckerer, Zweifler u. Kritiker werden streng bestraft. Du schreibst u. fragst immer was „los“ ist! Das ist los! Wir wollen uns größter Zurückhaltung in unseren Mitteilungen befleißigen, es ist nötig zum Endsieg. Glaub mir das und bedenke das, auch wenn Du an Deine Freunde schreibst. Ich hoffe von Dir Post vorzufinden, wenn ich heut nach Prenzlau komme. Wie ich diese Stadt anfange, nicht leiden zu können. Ach vorhin war Geselle da mit schönen Äpfeln. Er hat sein Bild vom hohen Then [?] firnissen lassen u. erzählt von Brandbomben, Druck + Sog usw. Neulich sah ich im Kino Wien 1910 u. Wochenschau aus Italien, wie sie in Oberitalien marschieren, Du warst nicht dabei. Dafür sah ich aber die Befreiung des Duce. Heut gibt’s was gutes bei uns zum Mittag. Schönstes Sonnenwetter. Gestern war auch Hanno wieder da, er ist nett + hat schöne Augen. Wir waren da an der Ecke Abendbrot essen mit 1 Flasche Wein sogar. Nun schreibe ich erst wieder aus der schönen herrlichen Bergstr.
Mutter

Lieber Hans!
Heute nacht hatte ich einen Traum und sah Dich von einer Wegabzweigung aus in einem bergigen Gelände den mittleren Weg auf einem Rade schnell entlang fahren, hinter den Bäumen des Weges. Ich wollte Dir folgen, konnte dann aber, wie es im Traum so üblich ist, an der Wegkreuzung nicht den richtigen Weg finden. Herzl. Grüße
Vater

 

top