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Brief (Transkript)

Wolfgang Panzer an seine Eltern und Geschwister am 02.01.1915 (3.2012.2822)

 

Brécy, 2. Januar 1915.


№ 1
Meine Lieben!
Ich schrieb Euch gestern nicht, weil ich erst mal die Post am Abend abwarten wollte. Wir bekommen nämlich nur einmal am Tag Post u. es wird auch nur einmal befördert, danach muß man sich richten. Nun hat inzwischen das neue Jahr angefangen, vorläufig dem alten ganz gleich: schlechtes Wetter wie die ganze Zeit, der gleiche leichte Dienst u. immer noch der Kanonendonner. Heute Nacht hat es wieder mal ordentlich geböllert, man sagt, es seinen österreichische Motorbatterien. Ich weiß natürlich noch manches, das Euch gewiß recht interessieren würde, aber jetzt heißt\'s schweigen, nach dem Krieg wird dann schon alles bekannt werden. - Die Silvesternacht habe ich folgendermaßen verbracht: 8-1/2 12 fest geschlafen im Bett, weil ich sehr müde war, die Landwehrleute haben sich einen Grog gebraut, an dem mir ohnehin nicht viel gelegen hätte. Um ½ 12 ließ ich mich wecken, schlief aber wieder ein u. wachte um Punkt 12 auf, sodaß ich gerade noch ein Prosit Neujahr schreien konnte, um dann das Knallen der Frösche u. den sonstigen Radau nur noch im Halbschlummer wahrzunehmen. Am Neujahrstag habe ich Vorm. mein Geschirr geputzt u. gefettet, die meisten waren in der Kirche zum kathol. Gottesdienst, für uns evangelische war merkwürdigerweise keiner. Gestern Nachm. war Löhnungsapell, jeder bekam 5,30 M, das lasse ich mir einreden. Es ist halt Kriegslöhnung! Im nächsten Brief schicke ich Euch das Geld, es ist für die Weihnachtsgeschenke für Vati u. Mutti, die ihr doch hoffentlich gegenseitig besorgt habt. Ich bin überhaupt sehr neugierig auf Euern Weihnachtsbericht. Ich denke immer an Euch, was ihr wohl jetzt macht, während ich vergnügt über die französischen Äcker reite und französische Luft einatme. - Schickt mir doch bitte sobald wie möglich Films. Die Leute von meinem Zug möchten sich begreiflicher Weise gerne im Feld aufnehmen lassen u. für mich entstehen weiter keine Kosten, ich schicke die Films an Neithold u. die Rechnung bezahlen dann die Abnehmer hier. Einen Film habe ich schon aufgenommen: unseren Christbaum, den Küchenkamin, unser Haus u.s.w. Das Apparätchen macht mir sehr viel Spaß. Mir geht\'s sehr gut! Antreten zum Apell! Auf Wiedersehen im nächsten Brief!
1000 herzliche Grüße Euch allen Euer Euchliebender Wolf.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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