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Brief (Transkript)

Hedwig Lauth an ihren Ehemann am 17.01.1918 (3.2012.1801)

 

Essen, den 17. 1. 1918.



Lieber Julius.
Eben bekomme ich Deinen Brief vom 15., auf den ich lange gewartet habe. Ich freue mich, daß wir wenigstens die Gewißheit haben, daß die Rekl. im Gange ist. Hoffentlich hat sie Erfolg. Jeden Tag erwarte ich die Nachricht von der Bank wegen der Zuwendungen, sie arbeiten langsam bei Gericht. Vehring erzählte mir, daß ein Landrichter v. Dossm[?] reklamiert sei und in diesen Tagen zurückkommen würde, er sei in Flensburg Kriegsgerichtsrat. Bei dem scheint die Sache schneller gegangen zu sein. Landgerichtsrat Hempel ist an Lungenentzd. gestorben. Frau Vial soll es sehr schlecht gehen, sie dürfte nicht einen Augenblick allein gelassen werden, da sie sich absolut das Leben nehmen wollte. Traurige Zustände. -
In unserer Gegend machen sich in den letzten Tagen Einbrecher auch am hellen Tage unangenehm bemerkbar. Ich bin bange für meine Vorräte im Keller. Kannst Du vielleicht noch Zucker bekommen? Fleischmarken lege ich bei. Ich habe entsetzliches Pech mit meinen Zähnen, zwei an einem Tage abgebrochen, ein Backenzahn u. einen Schneidezahn. F[?]. schiebt es auf die Ernährung, die Zähne würden spröde. Es ist doch ein schrecklicher Ärger, auch alles muß man dem Vaterlande opfern. Wenn doch nur endlich geregelte Zustände herrschen wollten. Aber einstweilen will ich damit zufrieden sein, wenn Du endlich für immer kommen wirst. Die Papiere von der Steuer sind noch nicht angekommen. - Ich habe heute ein Glas mit Zungenragout eingeweckt, ebenfalls ein Glas mit Eisbein. Deinen im Sommer geschickten Rhabarber haben wir probiert, er schmeckt fein. Ich werde eigentlich jetzt von Frau Vehring erwartet, ich sollte den Abend mal wieder bei ihnen zubringen.
Wir haben auch schreckliches Wetter, morgens Tauwetter mittags Frost, abends Schnee u. dabei diese schreckliche Dunkelheit auf der Straße. -
Ilse füttere ich jetzt mit dem Kaisermehl, daß Du mir von Mutter mitgebracht hast, ich meine, daß sie sichtbar dicker wird davon. Es ist ein liebes frohes Ding u. bekommt viel Ähnlichkeit mit Margret. Die hübscheste von den Dreien ist aber jetzt Erica. Ich bin froh, daß wir uns wegen der Schule gemeinsam mündlich entschließen können. Hoffentlich feiern wir ein baldiges, frohes Wiedersehen. Denke an Sekt.
Gruß u. Kuß
Hedwig.
Von Ida bekam ich ein feines Paket, 2 Pf Rinderfett à 8 M 5 Pf. weiße Bohnen à 2,50 M u. getr. Äpfel. Ich bin ihr sehr dankbar. In Osn. nehmen sie die hiesigen Fleischmarken auch in den Geschäften an, wenn sie dort auch tun, kann ich Dir nächste Woche vielleicht noch mehr schicken.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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