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Brief (Transkript)

Hedwig Lauth an ihren Ehemann am 12.09.1917 (3.2012.1801)

 

Essen, den 12. Sept. 1917.



Lieber Julius.
Ich hatte mich ja auf einen Brief von Dir gefreut, aber nicht auf so einen wie den vom 10. den ich heute erhielt. Ich meine ich hätte Dir immer alles gleich bestätigt. Ich will aber nichts bestimmt behaupten, da ich sehr vergeßlich u. ganz konfus bin. Seit der Geburt des Kindes ist mein Kopf wirr und ich bin ständig müde. Mit jedem Tage wird es schlimmer. Ich werde das Kind allmählich absetzen, ich kann es nicht mehr. Was haben die Kinder von mir wenn ich so ganz kraftlos bin. Am liebsten würde ich in eine Nervenheilanstalt gehen u. keinen Menschen sehen und nur schlafen. Ich kann nicht mehr.
13. Was der Urlauber mir am Samstag an Gemüse brachte, weiß ich in Pfunden nicht. Ich fuhr an dem selben Morgen fort. Etwa 20 Pf. Äpfel, knapp 3 Pf. Wurzeln, 1 Pf. Weißkohl, 3 kl. Rotkohl u. Gurken, die noch im Keller liegen. -
Von Stassfurt werde ich wohl nichts zur Bank bringen können. Ich möchte noch Koks haben. Ich friere jetzt schon so, daß ich am liebsten in einem geheizten Raume sitzen möchte. Ich denke bestimmt, daß wir die Gehaltszulage bekommen.
An Gemüse kann ich nichts bekommen. Auch wohl keine Pflaumen. Ich würde mich freuen von Dir welche zu bekommen.
Butter habe ich welche eingeweckt. Aber es hält schwer da die Gummiringe nicht halten wollen. Während der Nährzeit habe ich auch die Butter nötiger als später. Erica macht sich seit 2 Tagen, sie sieht etwas besser aus. Sie wird auch viel geduldiger und vergnügter. Desto mehr weint aber Margret, die mal wieder ihren Magen verdorben hat. Seit einigen Wochen wechseln die beiden sich dauernd ab.
Für das 1 Pf. Reisebrotmarken vielen Dank. Vielleicht gibt es vom 1. Okt. 4 Pf. die Woche, dann werden wir auskommen. Die Eier waren alle heil.
Der Kleinsten geht es gut, sie macht nur andauernd u. dann grün. Ich gebe ihr jetzt 2 Flaschen zu, ich habe nicht mehr genug. Mit 6 Monaten will ich ihr Gemüse geben.
Hast Du von Mutter inzwischen Nachricht aus Bonn? Wird sie nach der Operation gleich hierherkommen? Ich finde es aber sehr verständig, daß sie sich im Krankenhause einmieten will. Werden dort mehr Damen sein. Deine Karte erhielt ich heute. Mit den Steuern werde ich warten.
Es wird jetzt sehr herbstlich. Man kommt mit den Kindern nicht mehr so viel heraus. Schade, daß man bald Wollsachen anziehen muß. Mit den Sohlen meiner Schuhe steht es schlecht. Unser Schuster hat seine Bude zugemacht. Ich werde wohl bald auf Holzsohlen laufen müssen. Wir müssen bald Frieden haben. Ich rechne noch bis Weihnachten.
Herzlichen Gruß u. Kuß
Deine Hedwig.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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