Essen, den 24. Juli 1917

Mein lieber Julius.
Gestern Morgen erhielten wir die Wertkiste, schwer u. fein verpackt. Teures Portogeld wirst Du dafür ausgegeben haben. Den Inhalt werden wir hoffentlich schon bald gemeinsam verzehren können. Wir müssen aber jetzt unglaublich viel Geld ausgeben. Woher sollen wir es nehmen? An Vorräte einkaufen muß man sich dran halten, so viel man nur kann. Bis zur vollständigen Aushungerung des ganzen Volkes wird der Krieg wohl dauern.
Erica schreibt Dir wieder einen lieben Brief, und ist erstaunt, daß Du ihr auf ihren letzten Brief keine Karte geschrieben. Sie erklärt gerade, sie würde Dir keinen Brief wiederschicken wenn diesmal keine Karte kommt. Was Du Dir eigentlich denkst. Das Kind ist recht groß geworden, aber auch sehr schlank am Körper. Die Bilder wirst Du bekommen haben.
Welches gefällt Dir am besten. Ich möchte sie alle verwahrt haben, schütze sie deshalb so viel wie möglich vor dem Lichte. Es sind zwei liebe Kinder. Ilse wird hoffentlich so freundlich u. geduldig bleiben wie sie jetzt ist.
Wir freuen uns alle auf Dein Kommen. Kannst Du nicht aber schon am Sonnabend Morgen abfahren? Je eher Du kommst, desto besser.
Am Montag werden wir Wäsche haben, wenn Du kommst. Hoffentlich haben wir gutes Wetter, daß wir viel herausgehen können.
Zörnigs kommen erst morgen von ihrer Reise zurück, die haben eine schöne Zeit hinter sich. Der arme Paul wird sicher bei den Russenkämpfen sein, der Junge tut mir leid.
Eben erhalte ich Deinen Brief vom 22. Ich erwarte Dich bestimmt am nächsten Sonntag noch lieber Sonnabend. Mit dem Inhalt der Kons. kannst Du mich nicht mehr überraschen, es lag ein Zettel dabei. Wenn Du jetzt kommst, bringe wenn möglich 5-10 Pf Kart. mit, in dieser Woche bekommen wir 2 Pf., in der nächsten sind uns 3 Pf versprochen. Aber Versprechungen sind hier gleich Lord George Siegesversprechungen. Darauf gebe ich nichts mehr. Würste hätte ich noch gern. Ich lege 20 M bei. Hoffen wir auf ein recht baldiges Wiedersehen.
Die herzlichsten Grüße u. Küsse von
Deiner Hedwig.
Ich werde zunächst nicht mehr schreiben, da ich Dein Kommen bestimmt erwarte