Neuruppin, den 26. 4. 1917

Liebe Hedwig!
Heute morgen erhielt ich das erste Glückwunschschreiben, eine Karte von Vehring, über die ich mich sehr gefreut habe. Ob Erika mir demnächst auch erzählt, weshalb Ihr dem Storch das Brüderchen nicht abgenommen hattet? Morgen werden wohl einige Glückwünsche ankommen. - Du liegst nun einsam und denkst wahrscheinlich oft nach Neuruppin an Deinen einsamen Mann. Diese lange Trennung, hätte sie doch erst mal ein Ende. In dieser Zeit empfindet man sie doppelt. Wie könnte es so ganz anders sein. Aber es ist, als ob die ganze Menschheit verrückt wäre. Heute las ich in der B.Z., daß Oestreich in einer offiziosen Zeitungs Note ausdrücklich erklärt hat, es wolle sich nicht auf Kosten Rußlands bereichern. Das ist schon mal wieder ein kleiner Schritt weiter. Kämen doch erst mal große Schritte. Und doch bei allem meinem Nachdenken kommt mir immer wieder die Hoffnung, daß es nun nicht mehr so lange weitergehen kann. Möchte sie auch trügerisch sein. -
Heute morgen kam die Kiste. Ich werde sehen, was sich machen läßt, ob ich sie vor Mitte Mai nochmal schicken kann. Nach Osnabrück habe ich heute die beiden Flaschen Wein mit einem Brief geschickt. Z.M.[?] war nicht zu haben. Hoffentlich gelingt es mir aber demnächst, für Dich noch eine aufzutreiben. Laß Dich nur gut pflegen. Wie ist es mit dem Bier? Wirst Du nächstens was bekommen?
Am 1. Mai lasse ich Dir nur 300 M überweisen. Ich hatte zuviele Ausgaben, zumal ich auch keine Cigarren von Dir erhielt.
27/4
Eben erhalte ich einen Brief von Mutter u. Maria. Hans ist nach Heidelberg abgereist. Mutter kann erst im Juni fahren. Maria stöhnt, daß ihr Mädchen, das 4 ½ Jahre da ist, geht. Mutter schreibt aber, Maria könnte doch reisen. Soll ich nun auch an Maria schreiben wegen der Patenschaft?
Du wirst, denke ich auch deswegen schreiben. Und wer soll der 2. Pate sein? Eine Freundin von Dir ev.?
Dir und den Kinder herzliche Grüße u. Küsse
Dein Julius.