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Brief (Transkript)

Julius Lauth an seine Ehefrau am 03.07.1915 (3.2012.1801)

 

Sonnabend , den 3. Juli 1915


Packete bitte nummerieren u. im Briefe erwähnen!

Meine liebe Hedwig!
Seit Donnerstag abend liegen wir wieder in Stellung, wir lösten die Husaren ab. Unsere Gräben sind am Rande eines Waldes, 7 km nördlich Kurscany[?], an der Bahn Schaulen-Libau. Mein Unterstand -Blockhaus aus Tannen, mit Rasen bedeckt, halb in der Erde – ist 10 m hinter den Gräben im Walde. Mit mir zusammen wohnt ein Reserveleutnant, der für die Dauer des Urlaubs des Feldw.-Leutn. meiner Komp. zugeteilt ist. Er war im Okt. verwundet u. ist vor einiger Zeit in die Front zurückgekehrt. Hier können wir tagsüber im Freien sitzen, bzw. in einer an den Unterstand angebrachten Laube. Wir schlafen sogar auf Matratzen, haben Tisch Stuhl etc u. es wäre soweit ganz gut, wenn nur nicht entsetzlich viel Mücken da wären. Meine Hände, Gesicht, Kopf, Hals – Füße durch die Strümpfe durch sind ganz zerstochen u. von mir zerkratzt. Hoffentlich bekomme ich heute Salmiak.
In der ersten Nacht war eine heftige Schießerei hauptsächlich auf meine Nachbarkompagnie. Gestern war es ruhig. Wir bauen unsere Stellung aus, wer weiß aber, wie lange wir bleiben. Heute morgen war der Brigadekommandeur von Hugo u. der Divisionskommandeur da. Mein Bataillonsführer, der mir so sehr gefiel, hat leider 4 Wochen Erholungsurlaub nehmen müssen. Sein Vertreter – von einem andern Regiment – ist mir wenig sympathisch.
Ich habe kaum Bekannte im Regiment, aber man wird rasch bekannt, kameradschaftlich wird der Inhalt der Packete, Konserven p.p. verzehrt. Heute mittag hatten wir zum Nachtisch Götterspeise u. Sauce, beides in kl. Päckchen geschickt u. von unserm Feldküchenkoch gut zubereitet. Mein Bursche, Gefreiter mit eisernem Kreuz, Berliner wie viele aus dem Regiment, sorgt sehr gut für mich.
Am 1. sandte ich Dir durch Feldpost – die Zahlmeister nahmen die Postanweisung mit zur Feldpost – 650 M. Ich hatte noch etwa 150 M. deshalb konnte ich Dir alles schicken. Was Du nicht brauchst bringe zur Bank. Teile mir mit, wann das Geld angekommen ist. Die Miete hast Du wohl auch die Bank überweisen lassen. Gestern abend erhielt ich eine Berliner Zeitung vom Montag. Man entbehrt so sehr die neuen Nachrichten. Von Dir war gestern abend noch nichts dabei. Man meint, die erste Nachricht würde ich nach eben 12 Tagen erhalten. Das wäre also morgen oder übermorgen. Ich hoffe im stillen heute schon. Hoffentlich kommen bald auch die ersten Cigarren. Wenn Du mir hie u. da kleine Genußmittel schicken willst, wäre ich Dir sehr dankbar. Du bist zu […]. Wurst u. Spirituosen brauchst Du nicht zu schicken. Sie lassen sich ja auch schlecht schicken. -
Meine Gedanken sind fast immer bei Dir. Oft wird mir ganz weh ums Herz, wenn ich denke, wie schön es sein könnte. Aber dann hoffe ich wieder auf baldige bessere Zeiten und daß ich gut durchkomme. Wenn die Völker doch bald zur Einsicht kommen wollten! Wenn sie nur so dächten wie Du und ich, nicht wahr mein Liebling. - Die Postverbindung ist miserabel. Diesen Brief nimmt morgen die Küche mit, dann der Lebensmittelwagen zu der Stelle, wo die Lebensmittel empfangen werden, von der geht es zur Feldpost, dann Auto nach Tilsit. - Nun lebe herzlich wohl, Liebling. Ich umarme Dich u. die Kinder
Dein Julius.
Lege doch mal ein graues Taschentuch bei.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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