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Brief (Transkript)

Julius Lauth an seine Ehefrau am 29.06.1915 (3.2012.1801)

 

Korscany(?), 29. Juni 1915



Meine liebe Hedwig!
Eine ganz leise Hoffnung hatte ich heute, daß die Post etwas für mich brächte. Aber ernstlich rechne ich vor morgen nicht darauf. Jetzt – kurz vor 10 abends sitze ich allein in meinem für russische Verhältnisse guten Quartier – Zimmer mit Fußboden, kleinem Fenster, Bett, das allerdings zu kurz ist, 2 Tischen u. Stühlen – bei Kerzenlicht und schreibe. Ich denke, wie schön es sein könnte zu Hause, wenn ich mit Dir und den Kindern zusammensein könnte, friedlich u. vergnügt, statt hier allein im Kriege. Ich hoffe, daß diese Zeit doch noch bald wieder kommt. Wie oft stelle ich sie mir in freudiger Sehnsucht vor. Nichts soll uns dann mehr trennen. Jetzt muß ich mich in dem Gedanken an meine Lieben trösten. Ich weiß, daß Deine Gedanken dieselben sind, daß Du teilnimmst an meinen Sorgen und das Bewußtsein Deiner Liebe zu mir tut mir wohl.
Hoffentlich geht es Dir gesundheitlich gut und ebenso unseren lieben Kindern. Ich freue mich, bald über sie von Dir zu hören. -
Neben mir wohnen die Russen, die Tür habe ich durch eine Zeltbahn herstellen lassen. K. ist halb verbrannt. Es ist für hiesige Verhältnisse ein großes Nest. Solch gutes Quartier bekommt man sobald nicht wieder. Aber Luxus giebt es nicht. Waschtisch, Toilette, nicht daran zu denken.
Der Unterschied zwischen West und Ost ist doch ganz kolossal. In dem Nest ist nichts zu haben. Heute morgen nach 3 Uhr kamen wir hier an, heute Ruhetag, morgen Exerzieren, nebenbei natürlich Außenwachen. Wie lange diese schönen Tage dauern, weiß man nicht, hoffentlich bleibt es noch einige Tage so. Es ist doch angenehmer als im nassen Schützengraben. 800 m vom Feind. Aber im Kriege ist alles ungewiß. Nach meiner Ansicht wäre es jetzt Zeit, an Frieden zu denken. Aber in den letzten Zeitungen waren die Gerüchte ja wieder dementiert. Nun wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben.
Liebling. Sei innig geküßt
von Deinem Julius.
Der müde ist, u. zu Bett gehen will.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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