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Brief (Transkript)

Hedwig Lauth an ihren Ehemann am 19.12.1914 (3.2012.1801)

 

Essen, den 19. Dez. 1914.



Mein lieber Julius.
Drei Tage habe ich nichts mehr von Dir gehört. Und dabei wurde ich in den Tagen vorher so sehr von Dir mit Nachrichten verwöhnt, daß mir jetzt die unsinnigsten Ideen kommen. Seit heute Abend bin ich allein, und da kommen die schwarzen Gedanken. Schon in der Elektrischen hörte ich zweimal von Nachrichten, die die Zeitungen nicht bringen dürfen, anscheinend von ungeheuren Verlusten u. Verwundungen. In meiner Einöde werde ich nur schwerlich mehr davon zu hören bekommen. Bertha lasse ich jetzt unten schlafen, die Schlafzimmer sind schon fertig umgestellt. Frl. Wisd. kommt am 29., bis zum 24. ist sie bei Dr. Knoop in Duisburg, dann in Langwaden. - Ich werde Dir die gewünschten Sachen morgen schicken. Das eine Paar Manschetten fand ich schmutzig vor, konnte es leider auch nicht in der kurzen Zeit waschen und bügeln lassen. Ich schicke es Dir deshalb so mit. Gern hätte ich Dir ein schönes Weihnachtspaket geschickt, aber was soll ich machen, wenn Du gar keine Wünsche hast. Ist Deine Verpflegung so gut, daß Du darin keine Wünsche hast? Desto mehr hat unsere kleine Erica. Du solltest sie mal hören. Ich wünsche mir 3 Schweine (Mama hatte ihr neulich eins geschenkt) 3 Taschentücher, 3 Stühle, 3 Puppenhäuser u.s.w. Es ist fortwährend in Unterhaltung. Märchen wie Rotkäppchen und Hänsel u. Gretel erzählt sie so niedlich. Sie zeigt jetzt wieder eine ganz besondere Anhänglichkeit an ihre Mutter, die mich oft ganz gerührt macht, manchmal aber auch unangenehm wirken kann. Ihren alten Platz bei Tisch will sie nicht mehr einnehmen, da müßte Brüderchen sitzen. - Wie ist es mit der Steuer, nach dem 20 Jan. sind 5% Strafe. Weißt Du übrigens ob man Dir eine Depesche schicken kann?
Über uns wohnt ein jüdisches Ehepaar, unten ist noch nicht vermietet.
Mama hat mir heute noch verschiedene blühende Blumen zur Aufheiterung geschenkt.
Mein lieber Julius die herzlichsten Küsse von Deiner Hedwig.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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