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Brief (Transkript)

Rudolf Emmerich an seine Eltern am 01.03.1916 (3.2011.3532)

 

Gent, 1. III.16


L.M. Ihr habt vielleicht schon von Vater gehört, wohin ich wieder geraten bin. Ich war froh, daß ich nun endlich mal längere Zeit an der Front war, denn mein erster Aufenthalt in Flandern u. dann in Rußland waren doch eigentlich nur Gastspiele. Was ich da von dem großen Krieg selbst miterlebt habe, kann ja kaum erwähnt werden. Nun ist man endlich mal längere Zeit „mit dabei“ u. hilft mit Weltgeschichte machen u. freut sich, daß man nicht umsonst Soldat geworden ist, da spielen sie mir den Possen u. schicken mich in die Etappe. Ihr sagt vielleicht, in Gent müßten auch Soldaten sein, u. das stimmt ja auch. Aber warum muß ich nun gerade dabei sein? Die andern, die mit mir gekommen sind, haben alles oder fast alles von Anfang an mitgemacht. Der ehemalige Komp. Feldwebel von der 4., der im September an die Front gegangen ist als Offz. Stellvertr., ist auch mit hergekommen als Feldw. Ltnt. Wir vertragen uns natürlich jetzt ausgezeichnet u. haben schon öfters Skat zusammen gespielt. - Wir lösen hier Herren ab, die schon lange, einige über ein Jahr, hier sind. Unser Kommando dauert mindestens 3, höchstens 6 Monate. Meine einzige Hoffnung ist, daß wenn vorne an der Front etwas Größeres vor sich geht, wir dann sofort abberufen werden. - Na, in meiner langen Soldatenzeit habe ich ja gehorchen gelernt, u. so werde ich mich denn in mein Schicksal fügen. Es ist ja eben andrerseits ganz schön, daß man mal wieder Mensch sein kann. Ich werde auch die günstige Gelegenheit nicht versäumen, mir Brüssel, Brügge u. Ostende anzusehen, wenn nicht in Letzteres noch manchmal hingeschossen wird. Hoffentlich wird uns mit dem Sonntags-Urlaub dorthin nicht so viel Schwierigkeit gemacht. - Schickt mir so bald als möglich Felddienstordnung, Exerzierreglement, Schießvorschrift, das brauche ich natürlich dringend, weil ich sehr viel verlernt habe. - Nun muß ich ins Casino. Dort ists natürlich lange nicht so gemütlich wie in unserm Bataillon. Vielleicht wirds noch.
Herzl. Grüße Rudi
das „Etappenschw...“

 

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