Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Rudolf Emmerich an seine Eltern am 10.09.1915 (3.2011.3532)

 

10.9. Noch in Westroosebeeke.


Ich liege zusammen mit einem Unteroffizier aus Westpreußen, von Beruf Maschinist. Seine Frau bekommt Unterstützung u. muß jetzt noch Einkommensteuer bezahlen, 7 Mk. Der Mann verdient doch gar nichts jetzt, u. seine Frau bekommt sogar noch Unterstützung. Auch Arbeiterfrauen seines Dorfes, deren Männer im Felde sind, die keinen Grundbesitz haben und zur Miete wohnen, müssen auch Steuern zahlen. Sie treiben auch keinerlei Gewerbe, leben blos von der Unterstützung und dem Ersparten. Der Unteroffizier bezahlt natürlich Grundsteuer, aber kann doch jetzt keine Einkommensteuer bezahlen. Die rückständigen Steuern werden den Frauen sogar von der Unterstützung abgezogen. Das sind nach meinem Empfinden einfach unglaubliche Zustände. Von welchem Einkommen ab werden denn überhaupt Steuern bezahlt? An wen muß sich der Mann zur Abhülfe wenden? Bitte sofort Auskunft. - Wir haben in der Komp. einen Unteroffizier, einen echten Roten, der über alles und jedes schimpft. Manchmal ist es kaum auszuhalten. Ich habe manchmal einen schweren Stand. Ebenso mit dem Offizierskasino, das auch hier in Westroosebeeke ist. Die besten Sachen werden z. B. von den Fleischportionen für die Mannschaften abgezogen. Die besten Sachen werden z. B. von den Fleischportionen für die Mannschaften abgezogen. Für Kasinoverpflegung wird täglich 60 Pf bezahlt; natürlich bekommen die Offiziere hohe Verpflegungsgelder. Das bringt sehr böses Blut. - Wir exerzieren hier feste. - Eben lese ich in der Zeitung den Tod von Leutnant Espe. Es will mir gar nicht in den Kopf. Was war das für ein großartiger Mensch. Zu schade um ihn. Rudi.

 

top