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Brief (Transkript)

Ernst und Rudolf Emmerich an ihre Eltern am 11.08.1914 (3.2011.3532)

 

Meiningen 11. August 1914



Nachdem vorhin mein Unteroffizier, (nebenbei bemerkt der dritte in der kurzen Zeit) erzählt hat, es sei an uns beide ein Telegram gekommen, wir seien durchgebrannt, und unser „alter Herr“ (sagt er) wüßte nicht, wo wir wären, teile ich folgendes mit, was sich trotz der bodenlosen Unordnung und völligen Kopflosigkeit doch schon feststellen läßt:
1. Wir beide kommen während der Ausbildung vorderhand nicht zusammen. Später sollen die Tüchtigsten ausgesucht und in die Front gesteckt werden.
2. sehen wir in sechster Drillichgarnitur einfach unmenschlich aus, so daß ein jeder gewarnt ist, bei Gefahr eines zerstörten Zwerchfelles, uns zu besichtigen.
3. ist es uns vergönnt, noch ein oder 3 Nächte hier bei Großmama zu verbringen, was nicht zu unterschätzen ist, da die meisten gar kein Quartier haben und deßhalb auf Stroh in der Exerzierhalle schlafen „sollen“.
4. Gelernt haben wir bisher: rechts um, links um, kehrt, front. - Was ein Gewehr ist, wissen wir noch nicht. Militärstiebeln giebts so wenig wie Löhnung für die Leute, die gutenteils keinen Pfennig haben. 8 Tage später wären wir gerade rechtzeitig gekommen. Jetzt sind wir noch völlig vom Übel.
Unter unserer Nutzlosigkeit und Langeweile leidet die Stimmung beträchtlich; es gab heute früh ein fröhliches Aufatmen, als wenigstens ein wenig exerziert wurde. Nachmittags wars schon wieder nichts mehr. - Na! morgen scheints Ordnung zu geben. -
Viel Berichte bekommt Ihr wahrscheinlich nicht von uns, da voraussichtlich in der nächsten Zeit nur Kleinkram vorkommt
Herzlichen Gruß Ernst.

Der Ernst hat bedeutend schlechtere Laune als ich. Mir gefällts ganz gut! Herzlichen Gruß
Rudi
Kriegsfreiwilliger in der 4. Korporalschaft im 2. Zuge vom 1. Rekrutendepot E. I. R. 32
Eine Uniform haben wir bekommen!
Zum Schreien direct!

 

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