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Brief (Transkript)

Walter Emmerich an seine Schwester am 16.08.1915 (3.2011.3531)

 

St. Erme, den 16. Aug. 1915



Meine liebe kleine Maus!
In einem fein möblierten Zimmer mit Tisch, Waschtisch, Bett, Stühlen und Gardienen beim Schein meiner letzten Kerze sitze ich hier und denke an die Heimat und an alle, die mir darin lieb sind. Mehr denn zu irgend einer anderen Zeit denken wir jetzt an Euch, dann erstensmal hat man mehr Zeit dazu und dann artet der Stellungskrieg in kasernenmässigen Drill aus und man sieht den Zweck nicht mehr ein, zu dem man hier ist. Ausserdem wird die Sache, wie Du in Deinem Briefe ganz richtig erwähnst, ziemlich teuer, denn es kommen Ausgaben hinzu, an die man früher nicht gedacht hat und die man auch nicht umgehen kann. Seine Würde als Einj. muss man doch wahren und von einem Einj. wollen die nun einmal was sehen. Ich habe noch mehr Leidensgenossen hier draussen, die auch von einem Male zum anderen Male gewartet haben, um ihren Eltern diese Sorge zu ersparen, die aber dann schließlich doch nicht mehr konnten. So kannst Du Dir denken, dass es mir mit meiner angeborenen Sparsamkeit manchmal recht schwer fällt, durchzudrücken, und ich manche Bemerkung einstecken muss, die man lieber nicht hört. Aber Kopf hoch, es wird schon gehen.
Dein Schein war mir sehr willkommen, ich habe mir ein Stück Butter gekauft, die ich seit langem nicht mehr gegessen habe, obwohl es immer welche gab. Habe herzlichen Dank dafür, ich weiss, wieviel Liebe dran hängt, da Ihr jetzt auch keinen leichten Stand habt.
Die schönen Rasttage sind nun auch bald wieder vorüber. Ich habe jetzt 2 Tage zu Bett gelegen, da ich wieder Magenkrämpfe hatte, Du kennst das ja bei mir. Es geht mir wieder gut und von morgen ab tue ich wieder Dienst mit. Vater sage herzl. Dank für seine Karte von der Koppe, hoffentlich hat er sich nun ein bischen erholt und höre ich bald wieder von ihm.
Herzliche Grüsse auch an Vater und Mutter und einen innigen Kuss für Dich
Dein tr. Bruder Walther.

Inl. Bild, mein letztes, nimm Dir mit nach Meiningen, denke dabei aber immer, dass Dein Bruder anders aussieht.

 

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