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Brief (Transkript)

Ernst Emmerich an seine Eltern am 22.11.1915 (3.2011.3530)

 

22.11.15.


Nun bin ich also wieder ganz wo anders, wenns auch nur wenige hundert Meter von der alten Stellung ist. Andere Vorgesetzte, andere Kameraden, andere Leute, andere Gegner, anderes Gelände, anderer Boden, andere Empfangsstellen für Material, andere Verpflegung; kurz: ich muß von vorne anfangen, wo bei meinem Vorgänger alles altgewohnt am Schnürchen ging. Da muß sich ja jeder drüber ärgern, daß nicht alles sofort klappt.; wie sollte es auch – Na, es wird bei dem vorliegenden guten Willen aller Teile mit der Zeit schon werden. Stellungskrieg- Sorgen! - Es ist unter anderm zum verzweifeln, was sich unsre obern Stellen wieder alles an Dekretieren leisten. Wenn da nicht täglich mindestens 10 Folioseiten kommen, dann preist sich alles glücklich, die Bürokratie feiert Orgien, wie sie der Frieden kaum gezeitigt hat. Und dabei gehts in Serbien: Tat auf Tat! Sieg auf Sieg! und wir – zählen alle 4 Tage unsere Patronen nach! - „Die bewaffnete Neutralität heißt unser Krieg schon bei uns (allerdings mit „Zwischenfällen“.). - Man erlustieret sich in Reichweite der franz. Geschütze im Kino, Zirkus, Kasino (mit u. ohne Tafelmusik) stets aber mit Sect. Läßt sich Bücherauswahlsendungen schicken, nimmt nach Belieben ein Wannen- oder Brause-Bad (Freischwimmbad leider schon zu kalt). Dann mal ein bissel Scheibenschießen. Schulreiten (der oberen „Berittenen“) u. s. f. u. s. f. - Ist das vielleicht „der Krieg“, der uns die sittliche Erneuerung bringen soll? Kino? Sect? Operetten-Potpourries? - -

 

 



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