Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Ernst Emmerich an seine Eltern am 24.10.1915 (3.2011.3530)

 

24.10.


Unser Bataillonskommandeur möchte gern eine Pistole zum Rattenschießen haben, wozu ihm aber die Menta 6,35 schon zu groß u. zu ernst ist. In Metz hat er nun wegen der Beschlagnahmen nichts rechtes bekommen können. Vielleicht versucht es Vater mal – es würde mir eine große Freude sein, wenn ich Hauptmann v. Dewitz, den ich persönlich sehr hoch schätze, einmal zu Diensten sein könnte. Es ist beim Soldaten nun mal unendlich schwer, einen Vorgesetzten eine Ahnung von den Gefühlen beizubringen, mit denen man ihm gegenüber steht. Als ich noch gemeiner Soldat war, ist mir das schon oft peinlich gewesen, daß es so ganz unmöglich war, unseren Hauptmann v. Schütz die Wärme fühlen zu lassen, die alle seine Untergebenen ihm gegenüber empfanden; u. jetzt ist der Abstand beinahe ebenso groß, vollends bei der völligen Unnahbarkeit v. Dewitz\'s. - Unser Ruhequartier haben wir uns fürstlich hergerichtet, mit weißen Gardinen, Tischdecke u. Portièren wie meine Tischdecke zu Hause, aus Metz, riesig gemütlich; nur schade, daß unsere Komp. aus verschiedenen Gründen immer nur 2 Tage statt 4 Tage Ruhe hat. Aber jede Stunde in der gemütlichen Bude ist Nervenerholung. Dazu eine Fülle köstlicher Bücher (nicht nur Barthes „Er“ u. den Tunnel, die ich mir von Euch schicken ließ, sondern außerdem viele andere aus unserer Buchhandlung.
Mittags das Frankfurter Morgenblatt vom gleichen Tage. - Dazu unser Kasino mit seinen 2 Räumen, im Eßraum die Wandzeichnungen vom Gefreiten Lamprecht 1/50. - Zu allem wöchentlich ein Bad. Das ist Krieg im Westen! - Eine Freude habe ich noch; ich habe das Gefühl, als ob meine Leute Zutrauen zu mir haben und – ehrlich gegen mich sind. Sie sind schon öfters in persönlichen Angelegenheiten zu mir gekommen u. haben mir ihr Herz ausgeschüttet. Und dann habe ich kaum mal etwas befohlen; ich habe eigentlich immer nur gesagt: aus den u. den Gründen möchte ich das so u. so sehen; u. siehe da, es geschah, das macht einem herzlich Freude. Hoffentlich ist es keine Selbsttäuschung, - Nachträglich freue ich mich nun, daß ich es nicht gemacht habe wie alle anderen u. habe mir die Gunst der Leute nicht durch eine Biertrinkerei zu erwerben gesucht, die denn wie gesagt von den andern dazu benutzt wurde. Wie es mal im Gefecht wird, kann ich allerdings nicht wissen; glaube aber doch das beste, Ernst.

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top