Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Ernst Emmerich an seine Eltern am 28.10.1914 (3.2011.3530)

 

28.10.



Also dieses Lody[?] mit seinen 150000 Einwohnern ist ein sonderbares Nest. Das erste Lebenszeichen in der langweiligen Landschaft war eine elektrische Straßenbahn, und daneben ein Pflaster von der übelsten Beschaffenheit. Bogenlampenbeleuchtung; u. ein Brummen! Wasser, das nach Tinte schmeckt. In der Hauptstraße unmittelbar neben einander großstädtische Prachtbauten neben minimalen einstöckigen Bretterbuden. So recht die Kultur von außen hineingetragen. Sehr auffallend ist, daß fast an fast jedem Firmenschild, seis Prachtbau oder Bretterbude, sich neben russischer oder polnischer auch deutsche Aufschrift findet; und äußerst zahlreich sind deutsche Namen der Inhaber. Auch sprechen hier Viele fließend deutsch, auch von den Polacken; nicht nur die Juden wie sonst meistens. Wenn nicht die beiden furchtbaren Märsche gewesen wären, hätte ich von diesem Anhauch von Kultur mal wieder was gespürt; so aber wars nur wenig, weil man schon ziemlich apathisch ist. Schon einen sich die Wünsche aller Mannschaften auf den Frieden, ohne daß sie etwa murren, wenns weiter geht. Die Notwendigkeit des Krieges bis zum Siege sieht der letzte ein; aber lieber wärs den meisten doch, wenns alle wäre. Es ist auch wahr, das kleinste deutsche Nest ist eben mehr wert als das ganze Polackien. - Alles wohl.
Abgeschickt am 1.11. Noch keine Post!

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top