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Brief (Transkript)

Richard Degener an seine Ehefrau am 08.10.1914 (3.2009.2238)

 

Allamont, 8.10.14.



Mein liebes Gretel!
9/ - 5 Wochen vor seinem Tod – [andere Handschrift]
Gestern abend schon erhielt ich die Nachricht von der Geburt unseres Kindes, unserer Lorle. Ich bin so froh, daß alles gut vorbei, Du wie es scheint, verhältnismäßig wohl und ich nun über die Ungewißheit hinaus bin.
Recht großen Dank, mein Lieb, daß Du gleich auf Deinem Schmerzenslager mir die frohe Kunde selbst mitgeteilt hast. Ich war sehr gerührt beim Lesen Deines Briefes. Mein heißester Wunsch ist nun der, daß Du und unser Kind recht gedeihen möget, damit wir bei meinem hoffentlich recht baldigen Nach hause kommen ein volles Glück finden. Wenns nur schon so weit wäre, daß ich an Heimkehr denken könnte. Nun mache Dir aber ja keine Gedanken um mich, denke nur an unser kleines Lorle. Daß ich nicht dabei sein kann wie es sich in den ersten Tagen entwickelt und daß ich mich mit Dir nicht dessen freuen kann! Ich habe heute nacht vor Aufregung gar nicht schlafen können, mußte immer an Dich denken.
Wie mir scheint, ist die Entbindung besser vor sich gegangen, als ich geglaubt habe. Gott sei Dank. Grüße Herrn Dr. Huber u. Schwester Louise recht herzlich von mir u. sage Ihnen meinen besten Dank. Denke immer nur an unser Kleines und an sein Wohlgedeihen. Ich werde schon tun, was ich kann, um heil zu meiner Familie zurück zu kommen. Es wär mir recht lieb, wenn Du mir immer mal ein Bild von Euch schicken könntest. Du glaubst nicht, was mir das für Freude machte. Aufs Geld solls da nicht ankommen, in keiner Weise, vor allem was Dein & unseres Kinder Wohlergehen anbelangt & für Klinik & Arzt laß Dir gleich das Geld vom Geschäft geben. Abrechnen tu ich bei meiner Rückkunft. Ich habe diesen Monat kein Geld weggeschickt, da ich doch lieber ein paar hundert Mark bei mir behalten will. Im allgemeinen habe ich wenig Gelegenheit Geld auszugeben, doch kommt mal ein Markendenten[?] oder befinden wir uns in einem Ort, so geht viel drauf, da alles furchtbar teuer ist.
Dein Vater hat mir auch geschrieben. Sage ihm meinen herzlichsten Dank. Hast Du eigentlich meine Telegramme vom 4. u. 6.10 erhalten und wann. Teile es mir bitte nächstens mit, damit ich weiß, ob es Zweck hat zu telegraphieren. Ich habe diese Telegramme nicht selbst aufgegeben sondern durch einen Radfahrer auf der nächsten Feldpost (ca 20 km). Wenn geht telegraphiere ich so oft als möglich.Wir haben nun heute tatsächlich noch Ruhetag. Es ist allerdings erst 9 Uhr vorm. Man weiß nie, was dazwischen kommt. Vorgesehen als Ruhetag sind noch Freitag & Sonnabend. Dann gehts wieder raus aus dem Quartier. Bis jetzt hatte ich noch keinen Ruhetag seit 10.9. Es kommt einem recht putzig vor. Die Mannschaften habens aber nötig. Von unseren Quartieren könnt Ihr Euch in Deutschland allerdings keinen Begriff machen. Der Schmutz hier, selbst wenn ein Dorf noch nicht beschossen ist, darüber später.
Mein liebstes Gretel! Wir haben nun das langersehnte Kind. Freuen wir uns auch unter den gegebenen Verhältnissen desselben. Unser beider Wunsch, uns wieder zu haben, wird schon in Erfüllung gehen. Nur die Hoffnung nicht verloren! Küsse unser Lorle für mich recht innig und verwende Deine ganze Liebe für mich an unser Kind, bis wir wieder vereint sind und ich selbst Dich wie unser Kind in meine Arme nehmen kann. Wird das eine Freude geben. Nun leb wohl, mein Liebstes. Es grüßt & küßte Dich sowie das Lorle recht innig
Euer Richard
Grüße Deine & meine Eltern, Mitlg. alle bekommen. Ich werde noch einige Karten schreiben, da ich nicht weiß, wann ich wieder so viel zeit zum Schreiben habe. Nochmals innige Grüße & alles Gute
Dein Richard

 

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