Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Johannes Wierich an seine Familie am 23.02.1916 (3.2009.0064)

 

23. 2. 16.


5)
Meine Lieben!
Heute Abend erwartete ich die erste Post. Nach dem Austeilen höre ich aber, daß noch nichts angekommen ist. - Den Brief schreibe ich in einer Arbeitspause.
Ich habe nämlich einen alten Schützengraben ausbessern zu lassen. Die Leute arbeiten heute Abend von 9 bis 1 Uhr. Ich gehe von Zeit zu Zeit hin, und sehe, wie es weiter geht. Das ist nicht viel Arbeit. Sonst habe ich auch den lieben langen Tag nichts zu tun brauchen. Heut Abend ist es leider so stockdunkel, daß man sich fast den Kopf einrennt an den dreckigen Schützengraben-Wänden. Morgen Abend wird das Drahthindernis verstärkt, dabei habe ich auch nur ab und zu hinzugehen.
Auf diese Weise führe ich ein wenig anstrengendes Leben. Morgens und Nachmittags schlendere ich je einmal durch den Schützengraben. Einmal in der Woche muß ich die Posten nachts kontrollieren. Damit ist meine ganze Tätigkeit aber auch zu Ende.
Um den Tag zu vertreiben schlafe ich bei dieser geringen Arbeit immer bis 10 oder 11 Uhr. Um 12 Uhr gibt\'s schon Essen. Vorher bin ich vielleicht einmal durch den Graben gegangen. Nach dem Essen lese ich etwas und gehe etwas spazieren, etwa zu Bekannten in die anderen Compagnieen. Um 5 Uhr gibt es Kaffee. Dann bleibe ich in meinem Unterstand und lese oder schreibe beim trüben Licht einer Kerze. Auf diese Weise vertreibe ich die Langeweile.
Jetzt muß ich wieder einmal schauen gehen, was die Kerle draußen machen.
Gute Nacht also.
Euer Johann

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top