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Brief (Transkript)

Johannes Wierich an seine Familie am 29.06.1915 (3.2009.0064)

 

Mayot, den 29. Juni 1915.


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Meine Lieben!
Gestern Abend erhielt ich 2 Paketchen, nämlich das nichtummerierte und Nr. 13. Sie kamen mir recht gelegen, weil der schöne Inhalt der vorigen ziemlich aufgebraucht ist.
Inzwischen ist ja auch die leidige Briefsperre aufgehoben, u. Ihr werdet sicher Briefe und Karten haufenweise bekommen.
Ich habe einige Bücher zur Post gegeben, die ich hier nicht mehr gebrauchen kann, hoffentlich sind sie inzwischen auch angekommen.
Wie Ihr seht befinden wir uns immer noch im schönen Mayot, von wo aus wir demnächst zur neuen Stellung gehen. Unser Leutnant hat dieselbe gestern im Auto besichtigt. Er sprach sich sehr lobend darüber aus. Während des ganzen Tages hat er 2 Gewehrschüsse gehört. Die Unterstände dortselbst müssen wohnlich ausgestattet sein. Weil die Stellung, die in einem Walde liegt, so äußerst gefahrlos ist, wird dort exerziert und werden Appells abgehalten. So können wir uns nach den schweren Tagen bei Arras aufrichtig freuen, einmal gute Zeiten zu erleben. Allerdings wäre es hier in Mayot während des ganzen Krieges schon zum Aushalten.
Die Einwohner dieser Gegend haben es nicht besonders rosig. Sie müssen ständig arbeiten; selbst Sonntags müssen sie zu Hause oder auf dem Felde tätig sein. Andernfalls werden sie eingelocht. Sie haben eine Reihe von Lasten zu tragen und müssen Kriegskosten zahlen. Eier, Milch und Butter müssen sie an die deutsche Verwaltung unentgeltlich abliefern; ab und zu auch ein Faß Apfelwein. Die Leute müssen unsre Offiziere grüßen; falls sie das nicht tun, haben sie schwere Bestrafung zu erwarten. Überhaupt wird mit Ihnen nicht besonders gnädig verfahren, weil fast in jedem Dorfe Spione sind. Diese stehen durch unterirdische Telephonleitung mit dem französischen Heere in Verbindung und bringen uns den größten Schaden.
Sonst nichts Besonderes.
Mit herzl. Gruße
Johann

 

 



Ansicht des Briefes

 

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