Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Johannes Wierich an seine Familie am 18.06.1915 (3.2009.0064)

 

10

Avion, den 18.6.15.


36
Meine Lieben!
Noch immer dauern die harten Kämpfe an. Gestern sind die unsern zurückgeschlagen worden und haben den Franzmännern 600 m Schützengraben geräumt. Das heißt, hier sind es weniger Franzosen als farbige Truppen, die vor unserm Graben wie gesät umherliegen. Was die Unsern da ausgestanden haben, in den beiden letzten Tagen, ist unbeschreiblich und wie es da vorne aussieht, darf man nicht erzählen. Es ist zu elend und zu schrecklich. Und ich selbst, ich kann dem Himmel nicht genug danken, daß ich dem Gewühl fern bleiben konnte. Seit 2 Tagen haben die armen Kerle kein Essen mehr bekommen. Diese Nacht ist die Feldküche mit genügend Essen herauf gefahren. 3 Stunden lang hat sie vor der Stellung gestanden. Doch ist keiner aus dem Graben gekommen, um Essen zu holen, weil das heftige Granatfeuer den Weg versperrte. Nun ist unser Regiment noch gnädiger weggekommen wie andere, wie z. B. die 69.er, bei denen ich ausgebildet bin. Eine Kompagnie ist mit 20 Mann gestern Abend zurückgekommen. Eine andere, die 150 Mann stark war, zählt noch 70 Mann. Die Verluste sind nun zum größten Teil Verwundete, die hier ständig vorbeikommen. Hier in Avion werden sie von einem Arzt verbunden und dann per Auto zur nächsten Bahnstation gebracht, um in die versch. Lazarette transportiert zu werden.
Ich bin ganz wohl. Heute Morgen war ich baden in der Badeanstalt einer Kohlenzeche hierselbst. Dort gibt\'s für Soldaten den ganzen Tag warme Bäder. Heute Abend werde ich von den Sanitätern entlassen. Da jetzt alles abgelöst wird, brauche ich nicht mehr in Stellung. Das 4. Korps ist schon zur Ablösung hier.
Herzl. Gruß
Johann

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top