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Brief (Transkript)

Max Pötting an seine Eltern am 18.11.1914 (3.2002.9104)

 

Templemore, d. 18.11.1914


abgesandt 20/11.

Meine lieben Eltern!

Bußtag ist es heute, eine Erinnerung und Gedenktag fürs ganze Leben. Viele Gebete werden fern in der lieben Heimat zum lieben Herrgott steigen und bitten um Schutz und Gnade für die lieben Angehörigen draußen im Felde u. der Gefangenschaft und um den lieben Frieden.
Auch hier bei uns unterscheidet sich dieser Tag durch Kirchgang von den übrigen u. mancher Heide lernt jetzt Beten. -
Für mich brachte der Tag aber noch eine Überraschung. Als es 4.30 abends war hieß es: Pötting ein Paket. Wie ein Blitz schoß es mir durch die Glieder, endlich, endlich ist es da, das Lange ersehnte. Als mir der Feldwebel das kleine Paket gab, wollte ich mich als Empfänger nicht betrachten, weil es mir so klein aussah, desto mehr überraschte mich aber der Inhalt.
Mein liebe Eltern, Ihr könnt es Euch nicht vorstellen oder Nachfühlen wie mir so zu Mute war. Beim Auftrennen hielt ich immer inne, drehte es u. beguckte es von allen Seiten um die Freude recht lange hinzuziehn. Als nun der Schinken und die Wurst zum Vorschein kamen drehte ich ein Salto, daß die Fenster klirrten und meine Kameraden herzl. lachten mußten. Ein Kind kann sich nicht mehr freuen! Zum Anschneiden eigentlich zu schade und werde ichs auch bis morgen lassen. Lege mich jetzt schlafen und ein dankbares Gebet beendet den Abend. Gute Nacht! - - -
Schön guten Morgen, meine Lieben, wünsche wohl geruht zu haben. Meine Arbeit für den heutigen Tag ist getan, denn die Parade, welche jeden Morgen 7 Uhr stattfindet ist vorüber, die Anzahl der Mannschaften stimmte, und die Freiübungen, welche 20 Minuten währen, haben einen gewissen Hunger erzeugt. Jetzt heißt es eben Tee und Brot empfangen und es ist erstes Frühstück. Pause!
Das wäre wieder mal geschafft, so satt habe ich mich lange nicht gegessen u. so fein, habe nur halb so viel Brot gebraucht als sonst. Solch bißchen Belag stoppt doch gleich anders. Die Wurst ist großartig noch besser aber der Schinken. Kann die Scheiben nicht dünn genug schneiden. Muß aber auch reichen bis zum nächsten Paket. Ja, man lernt sich einrichten. Wenigstens kann ich jetzt zweites Frühstück und Abendbrot machen, was ich bisher nicht konnte. Also, meine lieben Eltern, heißen, heißen Dank. Der liebe Gott möge uns alle wieder gesund in der Heimat vereinen und Ihr sollt einen dankbaren zufriedenen Sohn in mir finden. Am 12. d. Mts. erhielt ich auch die erste Mustersendung v. Dir, liebe Mutter und Onkel Herrmann, der guten Seele und rechne ich\'s ihm sehr hoch an und sage Euch beiden meinen tiefgehensten Dank. Der Inhalt kam gut an, doch für die Folge rate ich Euch etwas größere Kartons zu wählen, vielleicht noch mal so groß, die ganz kleinen können zu leicht verloren gehen. Leider haben selbige nicht lange gereicht, denn es ist Pflicht auf unserer Stube, von der erstem Sendung jeden eine abzugeben u. dann hat man noch diverse Freunde, wo man sich revanchieren muß, kurz, mir blieben grade noch 10 Stück. Hoffentlich kommt bald Zuwachs. Am 17. d. Mts. traf wieder ein Musterkoffer ein, der Absender ist mir unbekannt, wenigstens die Handschrift. Lachen mußten wir aber alle über den Inhalt. Für 5 ₰[?] Kuchenkrümel und eine Tube Bartwichse sagte einer aber eine Kostprobe verhalf alle zu andrer Ansicht. Ich schmiere, in Ermangelung eines Besseren, mein Brot damit, auch gut, wie?
Jedenfalls dem Spender besten, wohlgemeinten Dank.
Briefpost haben wir schon 14 Tage nicht erhalten und unterliegen selbige noch der Zensur. In Kurzen will ich nun noch schreiben was ich gebrauche hauptsächlich. Verschiedenes werdet Ihr ja schon inzwischen abgeschickt haben. Also: Handschuh, Sevanter[?], Pantoffel, Nähzeug, Spielkarten, ganz kleines Fläschchen Benzin zum Füllen meines Feuerzeugs, Käse ([…]), Schmiere für\'s Brot, welche Ihr am Besten in Konservierungs-Büchsen, kosten bei Fr. Wehrstadt 12,45 ₰[?] macht. Wehrstadt seine Sachen sind tadellos frisch hier angekommen, Zahnpasta, ein großes scharfes Taschenmesser, Bouillon und Gemüse-Würfel u. a. m. was Ihr so denkt. Vielleicht ist Onkel Ernst so frdl. und sorgt für Cigarren „Lord-Major“ u. Cigaretten „Dandy\' o/M“.
Mein Freund Robert wird schon alles zusammen holen. Grüßt bitte Hr. Schrezger[?], er wird sich meiner dann erinnern. Kostgeld zahle ich nach meiner Rückkehr. Liebe Mutter, ich nehme nun an, daß das jetzt erhaltene Paket das zweite ist, denn im ersten wäre sicher auch Wäsche gewesen. Es liegen noch viel Pakete hier im Postraum und ist es nicht ausgeschlossen, daß es noch dabei ist.
Wenn Ihr mich mit Lebensmittel auf den Laufenden erhält, komme ich gut aus u. Ihr habt Euren Max wieder, wie er Euch verlassen hat. Nochmals vielen vielen Dank für alles! Leider muß ich jetzt schließen. Dienstag folgt Fortsetzung. Soeben erhalten ich ein Brief von Vater vom 1/11. welcher sich inzwischen ja selbst erledigt hat. Hoffe nun daß dieser Brief Euch ebenso gesund antrifft, wie er mich verläßt. Daß Schallert tot ist, wißt Ihr schon? Leben denn Hollands Richard u Hans Buchweitz noch? Hans sein Brief habe ich noch nicht erhalten, Schluß!
Hoffentlich ist er auch gut versorgt!? Gruß an Magda.

Habe bisher jede Woche einen Brief von Euch u. einen anderen beantwortet. Also immer zwei jede Woche.

Viele herzl. Grüße Euch, lieben Eltern sowie allen Ver und Bekannten
Euer treuer Sohn Max.

Soeben Paket von Euch erhalten v. 6/11. wo Strümpfe bei sind.
Herz. Grüße Ihr
Ernst Worstedt[?]

 

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