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Brief (Transkript)

Kamerad an Friedrich Pietzsch am 07.09.1917 (3.2002.9029)

 

Szombatholy, den 7. 9. 1917


7.10.
Erl. 19.10.

Lieber Kamerad Pietzsch!

Wenns einem Menschen schlecht geht, so erinnert er sich seiner Freunde. Wenn ich endlich nach langer Zeit einmal an Sie denke, so können Sie das Obige doch nicht von mir sagen, denn es geht mir jetzt schon wieder ganz gut. Aber schlecht ists mir ergangen; sehr schlecht. Ich bin nämlich am 9.7. in den Kämpfen um Stanislau herum (in der Dukla-Stellung) schwer verwundet worden. Seit dieser Zeit, nun schon fast 9 Wochen, liege ich fest zu Bett, kann noch nicht aufstehen, ja noch nicht einmal sitzen. Russki hat mir meine Sitzgelegenheit arg verschandelt; sie ist durchlöchert wie ein Rohrstuhl. Es sind wohl einige Maschinengewehrkugeln gewesen die er mir beim Zurückgehen da hinein geschickt hat. Nicht weniger als 5 Löcher und einen kleinen Streifschuß hat\'s gegeben. Mit dieser schweren Verwundung mußte ich 1 ½ km ohne fremde Hilfe gehen; erst dann wurde ich verbunden. Der ungeheure Blutverlust ließ mich wiederholt zusammenbrechen. Aber der Gedanke an Weib und Kind gab mir immer wieder die Kraft mich emporzuraffen. Bei allem Unglück hatte ich aber doch noch Glück, Um 330 nachm etwa wurde ich verwundet und um 90 abends lag ich schon gebadet und verbunden in einem galizischen Lazarett (in Dolina), da uns aber die Russen dicht auf dem Pelz saßen mußte das ganze Lazarett schleunigst einpacken und verduften. In Viehwagen mit wenig Holzwolle als Lager, wurden wir abtransportiert. Nach 48 stündiger Fahrt kamen wir in Munkacs (Ung) an. Diese Fahrt ist das Schlimmste gewesen, was ich je erlebt habe. Ich habe nicht geglaubt, daß ein Mensch so etwas aushalten kann. Nach 10 Tagen wurde ich dann nach hier weitergeschickt. Sitze nun schon seit dem 24.7. hier fest; muß so lange hierbleiben, bis ich allein reisen kann; dann werde ich nach Dtschld. geschickt. Hoffentlich gelingt es mir diesmal nach Berlin zu kommen. In etwa 14 Tagen hoffe ich so weit zu sein. Meine Wunden sind gut geheilt wenn auch sehr langsam. Weder Knochen, noch Sehnen oder Nerven sind verletzt; es war ein glücklicher Schuß in eine unglückliche Gegend.
Mit Kameradschaftlichem Gruß
Ihr Th. Kalmann[?]
Wie geht es Ihnen? Lassen Sie gelegentlich von sich hören.
Besten Gruß an […] […] und den andern Kameraden, dessen Name mir entfallen ist.
Ist es wirklich wahr, daß Kam. Rotscher in der Hohenz. Sch. gefallen ist?

 

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