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Brief (Transkript)

Kamerad an Friedrich Pietzsch am 24.07.1916 (3.2002.9029)

 

Reserve-Stellung d. 24 Juli 16



Hochverehrter Herr Leutnant!

Besten Dank für den lieben und langersehnten Brief, den ich von Herrn Leutnant erhalten habe, ich dachte schon, daß ich in Vergessenheit geraten war, wollte gerade nochmal schreiben, aber am selben Tage mußte ich erfahren, daß es doch nicht der fall war, und meinen besten Dank für den Obulus den mir Herr Leutnant mitsandte. Gestern konnte ich daß Geld schon anbringen, denn wir bekamen nähmlich pro Mann, 1 Liter Bier a 52 J. Eine Kantine hier im Felde gibt’s nicht, wie bei der Etappe, höchsten daß Battalion hat eine, wenigsten es nennt sich so, da bekommt man mal, 1 [...] Kunsthonig 90 J. Zigaretten oder 1 Stück Seife 90 J. Oder Stiebelwichse, aber dann ist die Kunst zuende, das Essen wird bei uns auch schon knapper, Marmelade und immer wieder Marmelade hin und wieder mal Schmalzersatz u Häring, aber Herr Leutnant bitte nichts darüber erzählen, ich bin der Überzeugung sie geben es uns so gut sie\'s können. Was unsern Dienst anbetrifft, waren wir jetzt 4 Wochen hintereinander im Graben, was sehr anstrengend ist, und sind jetzt seit 2 Tagen in der Reservestellung, vor 14 Tagen wurden wir weiter nach links, nähmlich nach Dünaburg ran geschoben, wo die Aktiefen[?] 147 er gelegen haben.
Der Hauptgraben u Stellung waren sehr schön Ausgebaut. herrlich im Walde gelegen, die Unterstände gleich dran am Graben, die eine Tür ging raus nach dem Graben, so daß man beim Alarm sofort im Graben war, blos die Vorstellung war dichter an die Russen, daß Nachts, wenn man im Horchloch war, konnte man die Russki\'s ganz deutlich sprechen hören. Augenblicklich bin ich Gruppenführer, ich habe mich gut eingearbeitet. und die Leute Alt u Jung gehen gern mit mir in der Vorstellung und im Horchloch, ich bin auch nicht Ängstlich und daß haben sie gern, denn die Russen schießen ziemlich fiel und sicher und sind auch frech, haben sogar in der Vorstellung Maschinen Gewehre, wo sie ausgiebigen gebrauch von machen, aber wir bleiben ihnen nichts schuldig. Seit Ostern sind bis jetzt bei beiden Battallionen ungefähr 16 Mann tot, meißt alles Kopfschüsse. Von den Spandauern sind von der 1. Komp. aus Neerwinden[?], ein Küse[?] aus Friedrichshagen schwer und ein anderer auch von der 1. Komp. (Namen habe ich vergessen) leicht verunglückt beim Unterstandbau. Gestern (Sonntag) hatten wir hir einen schönen Tag, Musik von unserer neugegründeten Kapelle u Bier man fühlte sich mal wieder wirklich wohl
so daß wäre alles was ich Herrn Leutnant heute schreiben könnte.
nebei, wir haben diese Tage wieder schweren Dunst bekommen, aus allen Kaliebern wie sie sie da haben, überhaupt des Nachts und vielmals Russenpattrullien bis am Drathverhau an der Vorstellung, da regnets dann Handgranaten die eine ziemliche Wirkung haben und sich wie Kanonenschläge anhören
so Verehrter Herr Leutnant nun seien sie vielmals gegrüßt.
Von ihrem Sie nie vergessenden Felchner.
Viele Grüße an Ihre Liebe Familie und Familie Vranken
und an meinen lieben Freund u Kamerad Georg Steinmüller.

 

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