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Brief (Transkript)

Freund an Friedrich Pietzsch am 22.11.1915 (3.2002.9029)

 

Berlin-Friedenau, den 22. November 1915


Knausstraße 12
Erl. 12.12.15 P[?].

Lieber Herr Pietzsch,

ich habe mich ganz außerordentlich gefreut, daß Sie auch in Feindesland einmal meiner gedachten. Nehmen Sie daher für Ihre Liebenswürdigen Zeilen und für das reizende Bildchen vom „Jäger hoch zu Roß“ meinen herzlichen Dank entgegen. Daß Sie grade nicht des Leibes Not leiden, entnehme ich schon dem Konterfei; nun ich glaube, daß hübsche junge Fasanen in nicht zu knappen Gaben genossen, viel
viel dazu beitragen können, auch einem alten Hahn wieder auf die Beine zu helfen. -
Sie Glücklicher! auf die Jagd können Sie gehen und Fasanenhühner schießen, daß hätten Sie sich beim Ausrücken doch nicht träumen lassen. - Bei mir ist an Jagen kein Gedanke, seit Jahr um Tag bin ich nur noch Schlafbursche zu Hause; so hat man uns infolge des großen Beamtenmangels zugedeckt. Anfang Oktober war ich niedergebrochen, habe mich dann nach 4 Wochen wieder herausgekrabbelt, bin aber heute noch so nervös, daß ich mich bei der geringsten Kleinigkeit wie ein Puthahn aufrege.
Wann wird Frieden werden? Ich glaube, der hohe Reichstag wird demnächst beschließen, alle alten Hähne bis zum 100. Lebensjahre haben sich um die Fahne zu scharren, dann sollen Sie aber erst was erleben. -
Wie denkt man in militärischen Kreisen über Krieg und Frieden? Wie es sonst hier aussieht, darüber haben Sie sich wohl kürzlich höchst eigenständig informiert. Dem mir durch Familie Weschke gesandten Gruß wird hiermit dankend quittiert. In der Hoffnung, Sie recht bald wieder in Freundeskreisen begrüßen zu können, bin ich mit herzlichem Gruß, auch von meiner Frau,
stets Ihr Metz

 

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