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Brief (Transkript)

Karl Friede an seine Freundin am 25.8.1918 (3.2002.9011)

 

Maubeuge, 25.8.18.


No 172./176

Mein liebes Trudchen.
Für Deinen Brief No 169 sage ich Dir vielen Dank. Ja, sieh mal, ich habe nicht so die Zeit immer umfangreiche Briefe zu schreiben. Aber natürlich gibt es hier eine Badeanstalt. Leider bekommt man nur Wannenbäder. Da kann man wohl von einer Abkühlung bei dieser Hitze nicht sprechen. Ich habe schon so oft bedauert, daß es gar keine Gelegenheit gibt, um einmal im offenen Wasser schwimmen zu können. Ich glaube meine Schwimmblase wird garnicht mehr funktionieren. Du redest da vom Friedensschluß gerade als ob der Krieg schon beendet wäre. Na, so weit sind wir noch nicht. Es ist klar, daß nach Friedensschluß nicht alle Damen mit einem Schlag entlassen werden können genau so wie es auch bei Preußens nicht geht. Wer weiß, ob man nicht noch einige Zeit beim Kommiß bleiben muß, um die letzte Ölung zu empfangen. Da wäre es ja dann ganz nett, wenn man aus der tiefsten Stufe des Soldatenstandes etwas in die Höhe gerückt wäre. Na, darüber will ich mir aber jetzt noch keine Kopfschmerzen machen. Das ist vernünftig von Dir, daß Du noch in der H.S.G. bleiben willst.
Donnerwetter mußt Du aber „Kohlendampf“ gehabt haben, daß Du im süßesten Schlummer dadurch aufgewacht bist. Du mußt mir diesen etwas drastischen Kommißausdruck schon verzeihen, er ist mir unwillkürlich in die Feder gerutscht. Du brauchst keine Angst zu haben, das Kartenspiel werde ich mir wohl nie angewöhnen. Ich habe dafür kein richtiges Interesse. Dies Spiel eignet sich wohl ganz nett für alte Herren aber für junge, da gibt es doch noch andere schöne Sachen.
Also das ist auch ein Schandfleck in der Geschichte des Wernicke. Ist denn über diese Angelegenheit Gras gewachsen oder hat sie ihren Platz in der Mappe „schwelende Akten“ bekommen!! Das klingt ja riesig interessant, daß ich nicht vor Sehnsucht nach Annemarie umkomme, wo ich sie weder bildlich noch gar persönlich kenne. Ich glaube, Kindchen, Du bist eifersüchtig. Habe ich denn den Brief wirklich zugeklebt. Na, vielleicht aus Macht der Gewohnheit! Es wird aber vielleicht besser sein, wenn ich die Korrespondenz mit Frl. Hülsen abbreche. Aber da fällt mir eben der „Rezeptbrief[?]“ ein. Da muß ich aber entnehmen, daß meine Unbekannte auch schon einen „Mann“, wenigstens war davon die Rede.
Doch wie denkst Du über diesen Fall. Ich will nicht sagen, ich verachte das Schlittschuhlaufen, nur habe ich nicht das richtige Interesse daran. Einen Blumentopf könntest Du trotzdem gewinnen, nur müßtest Du mit 3 Würfeln 19 trudeln, kleine Trude!! Mein Bruder ist doch nicht schüchtern. Und ich denke, Dir ist die Schüchternheit jetzt auch fremd geworden. Haben denn mein Bruder und ich etwas an uns, daß anderen Furcht einflößen kann! Wir sind doch beide solche harmlosen Menschen, die keiner Maus etwas zu Leide tun, geschweige denn einem kleinen Mädel. Also „leider“ muß Wälty[?] im September auf Urlaub fahren, na, ich muß vielleicht auch „leider“ fahren, fragt sich nur in welcher Richtung. Ich denke Dir heute genug geschrieben zu haben.
Es gegrüßt Dich recht herzlichst
Dein Karl.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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