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Brief (Transkript)

Karl Friede an seine Freundin am 11.5.1918 (3.2002.9011)

 

Maubeuge, 11.5.18.


102)

Mein liebes Trudchen.
Für Deinen Brief 117 sage ich Dir vielen Dank. Es ist übrigens der zweite dieser gleichen Nummer. Der Anfang Deines Briefes trägt ja ordentlich etwas poetisches. Beim Lesen dieses Teiles sah ich Dich deutlich im Geiste, den Blick in die Ferne gerichtet und dann den Gedanken freien Lauf gelassen. Ich muß gestehen, daß es bei mir auch Momente gibt, wo ich ein Luftschloß nach dem anderen baue und dann sehen muß, wie alles wieder in sich zusammen sinkt. Dann drängt sich wohl unwillkürlich die Frage auf, weshalb muß man sich hier auf fremder Erde herumdrücken! Hat man etwas verloren! Na, kehren wir aus dem Lande der Träume zur Realität zurück.
Zu dem Punkt „Tanzen“ möchte ich nur sagen, gedulde Dich bis später, ich denke, es wird sich dann mal Gelegenheit finden, daß wir „eine Sohle gemeinsam drehen“ können und dann kannst Du ja selbst urteilen. Du möchtest gern wissen, ob ich früher mürrisch gewesen bin. Ich kann diese Frage glücklicherweise verneinen.
Weshalb Kätchens Freundinnen bei meinem Eintritt so plötzlich auf und davon gehüpft sind, ist mir bis zur Stunde schleierhaft geblieben. Vielleicht lag etwas in meinem Gesicht, was sie schnell aufbrechen ließ. Ich kann nur das Gegenteil behaupten, da ich für die kleines Mädels ein großes Herz habe. Vielleicht fragst Du mal Else Woldenberg bei nächster Gelegenheit nach dem Grund und erstattest mir darauf Bericht, gelt. - Was sich das Kind gedacht hat. Nun, ganz einfach. Es wird folgenden Schluß gezogen haben. Die beiden haben sich lange nicht gesehen, haben sich aber sehr gern, sind vielleicht aber etwas schüchtern. Nun, da rede ihnen man zu, sich zu küssen, denn küssen ist keine Sünd! …. gelt, so wird es sich wohl verhalten. - Die Briefe, die ich nach Hause schreibe, enthalten keine Geheimnisse und können ruhig von jeden gelesen werden. Etwas anderes ist es mit unserer Korrespondenz. Da sind doch manche Briefe, die kein Dritter zu lesen braucht.
Es gegrüßt Dich herzlichst
Dein
Karl.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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