Virton, den 27 VII. 1917.

I.
Liebes Trudchen.
Recht herzlichen Dank für Deinen lieben Brief vom 23. VII.; sowie für die Karte vom 3. cr.[?] Ich möchte nur wissen, was daran gefährliches gewesen sein soll, daß Du sie mir nicht so recht schicken wolltest. Na Du hast ja ohne mich auch nach Hause gefunden. Nun zu Deinem Brief. Na, das war ja ein Bandwurm, der über einen Stock springen kann. Nun sieh einer mal die Else Schuppau[?], wollte sagen Frau Else Koch, an. Ich hatte früher immer den Eindruck als wenn sie garnicht wüßte, daß es zweierlei Menschen gäbe. Wenn Du Dich erinnern kannst, war ich ja damals über die plötzliche Verlobung so erstaunt. Na, wenn Du sie mal treffen solltest, kannst ihr ja meine Glückwünsche zu diesem Kriegsjungen aussprechen. Deinen guten Rat „von wegen heiraten“ behalte man für Dich. Sollte ich glücklich wieder heim kommen, wird mal erst das Schöne Jugendleben tüchtig genoßen. Also eigensinnig kannst Du auch sein. Daß das gerade kein schöner Zug an Dir ist, kannst Du mir glauben. Trappst wohl dann mit den Füßen auf den Erdboden und fängst schließlich noch zu heulen an! Ich werde dann später mal mit Deinem Mann darüber sprechen, daß er andere Seiten in solchem Fall mit Dir aufzieht. „Dein Kind werd`n wir schon schaukeln!“ Einen Fantasiebrief werde ich Dir gelegentlich schreiben, bei dem schönen Wetter, wie es jetzt ist, hat man dazu keine Gedanken. Das Singspiel von Schubert „Das Dreimäderlhaus“ habe ich allerdings gesehen, und ein kleines Mädelchen war auch dabei u. s. w. !! Ich habe da wohl
II.
wohl von Schubert gehört, aber seine Unterschrift gesehen, nein[?]. Mein Schnupfen ist glücklicherweise wieder vorbei, nur verspüre ich morgens bei Erwachen etwas Kopfschmerz, welcher bis zum Mittag andauert. Na, auch das wird ja noch vergehen. Weshalb will denn Dein lieber Vater die Korrespondenz zwischen uns nicht haben. So ein solider junger anständiger Mann wie ich, der schon um 10 Uhr abends ins Bett geht, ist gewiß selten??!!
Paulchen Janke hat auch wieder des Königs Rock anziehen müssen. Bei welchem Regiment ist er denn. Ist eigentlich Krüger schon eingezogen; er läßt nämlich garnichts mehr von sich hören.
Nun sei recht herzlich gegrüßt
von Deinem
Karl.