Brief (Transkript)

Paul Friedrich Wilhelm Koegel an seine Familie am 5.12.1870 (3.2013.2712.6)

 

Rastadt, den 5 December 1870

Meine Lieben !

Acht Tage sind bereits verflossen, daß ich meinen
letzten Brief an Euch abgesandt und inzwischen habe
ich keine Nachricht von Euch erhalten. Solltet Ihr glauben,

daß ich schon von hier fort bin, so ist das ein Irrthum, denn
wie Ihr aus meinem heutigen Briefe ersehen werdet, befinde
ich mich immer noch hier. Heute aber kann ich Euch
aber nun mit Bestimmtheit anzeigen, daß ich
in einigen Tagen von hier abgehen werde und
zwar gehe ich resp (bzw.) fahre p[er] Bahn von hier nach Strassburg
und von dort weiter nach Nancy, wo ich wahrschein=
lich einige Wochen liegen bleibe. Es können mithin
gut 4 Wochen vergehen, ehe ich bei meiner Compagnie
ankomme, welche jetzt zwischen Paris u Orleans
steht, wahrscheinlich in der Reserve des Corps des Groß=
herzogs v. Meklenburg.
Das letzte Paket habe ich vor 8 Tagen richtig erhalten
mit allen Gegenständen, wie Ihr in Eurem briefe
angegeben und sage ich Euch nochmals meinen Dank
dafür. Zu gleicher Zeit habe ich den Brief von Fritz Loeschke
erhalten, er lag schon seit 8 Tagen hier auf Post, Ihr seid
wohl so gut und sagt vorläufig meinen Dank für die

Einlage, wenn ich erst unterwegs bin, werde ich an
ihn schreiben, von hier weiß ich ihn doch nichts Neues
mitzutheilen. Da ich Euch nun noch nicht genau
meine Adresse angeben kann, so ist es das Beste,
Ihr schreibt nicht eher, als bis ich Euch genau auf=
gebe, wohin Ihr addressiren sollt. Wahrscheinlich bleibe
ich in Nancy etwas liegen und werde ich Euch von
dort aus schreiben. Wie steht es denn mit Fritz, wird
er in Stassfurt bleiben und die Rectorstelle so lange
übernehmen? Ist Mutter wieder zurück von Fürstenwalde,
ich habe lange keinen Brief von M. gehabt, gesund ist sie
doch? Mit meiner Gesundheit geht es jetzt sehr gut,
ich bin wohlauf wie ich sonst gewesen. Sollte von
Euch noch ein Brief unterwegs, so denke ich ihn hier
noch in Empfang zu nehmen.
Leicht möglich ist es, daß ich garnicht mehr zur Compagnie
komme, denn hoffentlich dauert es nicht mehr lange,

und da kann es sich leicht ereignen, daß ich in Nancy
oder Strassburg liegen bleibe und dort mein Regt (Regiment)
abwarte und dann mit dem zusammen zurückfahre.
Ich schließe heute hiermit, denke aber unterwegs Euch recht
bald von mir Schrift zugehen zu lassen.
Bis dahin also seid alle recht herzlich von

Euren
Paul

 

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