Brief (Transkript)

Paul Friedrich Wilhelm Koegel an seine Familie am 6.7.1866 (3.2013.2712.2)

 

Biwack b/ Opatowtz b/ Koeniggraetz, am 6/7 [18]66

Mein Lieber Adolph !

Gestern erhielt ich die Briefe von Mutter und Fritz und
sitze sofort um Euch dieselben zu beantworten.
Ich hätte Euch so Manches zu erzählen, aber dazu fehlt
es mir an der Zeit und Gelegenheit. Ich theile nur kurz mit
daß ich aus all diesen blutgen Gefechten, welche unser Corps
mitgetracht macht, glücklich, durch Gottes gütigen Schutz
zurückgekehrt bin. Das letzte Gefecht, am 3 d[e]s M[onat]s bei
Rozbiersitz ging es sehr blutig her, aber wir haben
einen schönen Sieg davongetragen. Gegen 150
Geschütze und mehrere Tausend Gefangenen haben wir
in diesen Tagen gemacht, Unser Corps t ist bis jetzt
am Meisten vorgewesen und werden wir wahrschein=
lich bis auf Weiteres in der Reserve länger bleiben.
Seit 14 Tagen liegen wir beständig in Biwack, also
werdet Ihr Euch wohl denken können, wie
beschwerlich es hier auf den Schreiben ist. Diesen
Brief schreibe ich auf den Knieen, es läßt sich s nicht
anders machen. Alma welche wahrscheinlich bei Ankunft
dieses Briefes, auch in Schochwitz sein wird, bitte ich, mir vielmal
zu verzeihen, daß ich nicht geschrieben habe; aber es ist
mir unter diesen Umständen wirklich nicht möglich so
viel zu schreiben. Ihr müßt Euch die Briefe gegenseitig zu
schicken Unsere Verpflegung ist nicht so gut, wie in Schleswig
das macht aber, daß die Gegend nicht so wohlhabend
ist wie dort. Das arme Land hier ist zu bedauern

das ganze Getreide, alles wird vernichtet durch
diesen heillosen Krieg, der Schade ist garnicht
zu berechnen für die Gegend, wo sich die
Truppen hinziehen, Wir stehen jetzt mehrere Meilen
hinter Koeniggrätz, die Oestreicher laufen immer
vor uns her, sie sind garnicht zu halten, Beim
letzten Gefecht machte unsere Comp[agnie] 400 Gefangene,
die brachte ich mit einigen Leuten nach dem nächsten
Dorf zurück, da sprach ich unterwegs mit einigen
Ostreichich~ Offizi~, die meinten sie könnten geg~
unsere Zündnadelgewehre nichts machen,
Fritz schrieb mir, daß er mir Zeitungen schicken
könnte, das wäre mir sehr angenehm, denn
man erfährt hier zu wenig, er kann
sie unt~[er] Kreuzband schicken, frei gehen sie ja
vielleicht Kreuzzeitung, oder eine andere.
Hiermit schließe für heute mit der Bitte
recht bald zu schreiben
Es grüßt Allen herzlich
Euer

Euch liebender
Paul

Gorsleben

Herr Otto ist eben hier und schickt morgen
Wagen nach Halle, daher sende ich diesen Brief zu Mutters
Freude mit; sollte er sie nicht mehr hier treffen, so
kommt er wieder hierher zurück

(linker Rand längs geschrieben)
Beim letzten Gefecht verlor unsere Comp. 1 Offz ~ 3 Untfz u 45 Mann
Todte und Verwundete.

 

top